Beim folgenden Text handelt es sich um einen Leserbeitrag von Fritz Tschudi.
Vieles deutet darauf hin, dass der Lehrplan 21, welcher diesen
Sommer als fertiger Entwurf endlich in die Vernehmlassung geht, die ökonomische
Messlatte auch in der Volksschule als vorrangig festschreiben wird. Nach
Bologna an den Hochschulen ist es nur konsequent, wenn eine kompatible Bildungsdoktrin
als zeitgeistige Wundertüte - das Zepter auch in den Volksschulen übernimmt.
Professor Rudolf Künzli spricht auf seiner sehr lesenswerten Webseite „Lehrplanforschung“
von einer „Büchse der Pandora“ (mit Fragezeichen). .. und… „Stossend ist die Geheimniskrämerei.
Eine Gruppe von Eingeweihten hat Einsicht in den Entwurf Lehrplan 21 nehmen
dürfen – mit dem strikten Verbot verbunden, den Lehrplanentwurf weiter zu
geben. Wenn man das Glück hat, jemanden persönlich zu kennen, der eingeweiht
ist und einem einen Blick in das umfangreiche Dokument gestattet, weiss man zwar,
dass das Wort „können“ sehr oft vorkommt, aber wehe, wenn man Genaueres
erfahren möchte – selbst wenn man Lehrerin oder Lehrer ist, an einer
pädagogischen Hochschule studiert oder dort arbeitet …“
Für (ideologischen) Zündstoff sorgen mit Sicherheit die neuen „überfachlichen
Bereiche“, deren Wertekanon entscheidet, inwieweit die Lehrer erst auf
Einheitskurs gebracht werden müssen. (BNE, Gender…). Eine gründliche Debatte um
den Stellenwert von Lehrfreiheit/ Meinungsfreiheit bei „wertesensiblen“
Themen scheint jedenfalls programmiert.
Schliesslich ist davon auszugehen, dass die EDK den LP21 nicht
ohne „Marketingstrategie“ in die „breite Konsultation“ schicken wird.
Gleichgültigkeit kann sich jedenfalls niemand leisten!
Die momentane „Ruhe vor dem Sturm“ bietet Raum, den zeitgeistigen
Hintergrund zu vergegenwärtigen, dessen
Kenntnis eine Beurteilung des „Produkts“ Lehrplan 21 erst wirklich möglich
macht.
Hierzu bietet der nachfolgende Beitrag von Prof. Dr. Jochen Krautz (Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Fachbereich
Bildungswissenschaft, DE-53347
Alfter) erschienen unter http://bildung-wissen.eu/
eine wertvolle Orientierungshilfe:
Ökonomismus in der Bildung: Menschenbilder,
Reformstrategien, Akteure
von Jochen Krautz
„Die veröffentlichte Diskussion
über Bildung wird seit langen Jahren von Begriffen, Konzepten und
Menschenbildern beherrscht, die nicht der Bildungstheorie und Pädagogik
entstammen, sondern bestimmten ökonomischen Theorien sowie Praktiken des
Managements. Dies führt wie am Beispiel des so genannten „Wettbewerbs“ von
Schulen nicht nur zur zunehmenden „Produktion von Unsinn“, sondern Schlagworte
wie Output-Orientierung, Qualitätsmanagement, Standards, Evaluationen oder auch
Kompetenzorientierung lenken vom eigentlichen pädagogischen Tagesgeschäft ab.
Die permanente Unruhe in den Schulen erleichtert Bildungsarbeit nicht, sondern
erschwert sie. Und trotz 10 Jahren Dauerreform seit PISA wird der Bildungsstand
der Schulabgänger offenbar nicht besser, sondern eher schlechter: Noch immer
und immer lauter klagt die Wirtschaft über mangelnde Ausbildungsreife.
Was ist also los im deutschen Bildungswesen? Wie kommt es, dass die große Zahl der Reformen gegen die Lehrerschaft und entgegen grundlegender Erkenntnisse der Erziehungswissenschaft durchgesetzt wurde? Wieso wurden und werden die tatsächlichen Experten für Bildung und Erziehung nicht nur nicht gehört, sondern systematisch marginalisiert und mit allerlei Tricks „auf Linie“ gebracht? Und wer sind hierbei die Akteure, wenn diejenigen, die in einem demokratisch verfassten Staat dafür zuständig sind, nicht gehört werden? …“
Was ist also los im deutschen Bildungswesen? Wie kommt es, dass die große Zahl der Reformen gegen die Lehrerschaft und entgegen grundlegender Erkenntnisse der Erziehungswissenschaft durchgesetzt wurde? Wieso wurden und werden die tatsächlichen Experten für Bildung und Erziehung nicht nur nicht gehört, sondern systematisch marginalisiert und mit allerlei Tricks „auf Linie“ gebracht? Und wer sind hierbei die Akteure, wenn diejenigen, die in einem demokratisch verfassten Staat dafür zuständig sind, nicht gehört werden? …“
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>>> Krautz_Ökonomismus in der Bildung
… ein
Augenöffner, ein „Muss“ für alle im Bildungsbereich Tätigen!
Krautz’ Thesen bleiben nicht auf deutsche Verhältnisse beschränkt,
denn das Diktat des Ökonomismus, die Reformstrategien und dieselben Akteure
bestimmen das Schweizer Bildungswesen in gleicher Weise.
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