8. Februar 2013

Reaktionen auf Aepplis Reform der Reformen

Die Zürcher Bildungsdirektorin Regine Aeppli würde an der Ski-WM in Schladming zweifellos eine gute Figur machen - Slalomfahren will gelernt sein.  Ihr jüngstes Projekt will die Anzahl Lehrkräfte pro Klasse auf zwei reduzieren, was zu Reaktionen in den Leserbriefspalten gesorgt hat.


Obwohl es hiess, nach den vielen Umbauten der letzten Jahre müsse die Schule nun etwas Ruhe haben, wird im Kanton Zürich mit viel Trara die nächste Neuerung vorgestellt (NZZ 25. 1. 13). Allerdings ist es gar keine eigentliche Reform, sondern der Versuch, aus gescheiterten Massnahmen wieder etwas Funktionstüchtiges zu basteln. Zwei Faktoren sind schuld daran, dass in gewissen Klassen sieben oder noch mehr Lehrpersonen unterrichten, was natürlich einem erspriesslichen Betrieb alles andere denn zuträglich ist. Einerseits bildet man unverständlicherweise an der pädagogischen Hochschule die Primarlehrer nicht mehr für das Erteilen aller Fächer aus, und andrerseits hat das verfehlte System der integrativen Förderung mit ihrem Kommen und Gehen von Therapeuten und Zusatzlehrkräften aller Art an vielen Schulen grosse Unruhe in den Alltag und in die Organisation gebracht. Ob das vorgeschlagene Projekt mit den zwei Lehrpersonen pro Klasse allerdings einen tauglichen Weg aus der Misere bilden kann, bleibe dahingestellt. Nicht alle Lehrerinnen und Lehrer werden grosse Lust verspüren, stets mit jemandem eng zusammenarbeiten zu müssen, denn dem Glücksfall, dass sich zwei Leute bestens ergänzen und in Harmonie ihre Klasse betreuen, dürften leider garantiert auch negative Extreme gegenüberstehen.
Vieles von dem, was in der Vergangenheit schiefgelaufen ist, haben Leute aus der Praxis schon vor Jahren als ungeeignet bezeichnet und das auch entsprechend kommuniziert; Lehrerschaft und Schulpsychologen wiesen immer wieder auf die grundlegende Bedeutung der Beziehung Schüler - Klassenlehrer hin. Die damaligen Warner erleben jetzt zwar eine Genugtuung. Lieber wäre ihnen und vielen Eltern allerdings gewesen, man hätte nicht auf die Theoretiker gehört und gewisse Dinge aus obigem Arsenal gar nie eingeführt. Hans-Peter Köhli, Zürich

Die Ankündigung der Zürcher Bildungsdirektorin, einen Schulversuch mit weniger Lehrkräften pro Klasse durchzuführen, mutet etwas seltsam an, wenn man eben gerade einen jungen Menschen ins Gymnasium begleitet hat. Von der 4. bis zur 6. Klasse hatte dieser in einer öffentlichen Schule zehn Hauptlehrer. Dies nicht etwa wegen mangelnder Koordination der Fachkräfte und Spezialisten, sondern aus dem ganz einfachen Grund krankheits- und schwangerschaftsbedingter Absenzen. Diese Probleme dürften manchem Schulleiter Kopfzerbrechen bereiten.
Dass die Idealbesetzung einer Klasse mit zwei Hauptlehrern uns nun als Neuerung angepriesen wird, ist umso erstaunlicher. Es wirft die Frage auf, ob es denn tatsächlich so neu ist, dass Kinder Bezugspersonen brauchen. Es kann sich dabei nur um wenige handeln, da der Aufbau einer wirklichen Beziehung Zeit braucht. Verständnis und Konstanz sind wichtig für unsern Nachwuchs. Den hoffentlich diplomierten Schulleitern wünsche ich viel Kraft, umzusetzen, was versuchsweise als Neuerung und mutiger Schritt bezeichnet wird, immer aber so war, seit es Kinder auf dieser Welt gibt! Antoinette Stern, Küsnacht

Quelle: NZZ, 8.2.

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