19. März 2013

Zeugnisse als Qualitätsmassstab

Der Zürcher Kantonsrat will an der Regelung festhalten, dass von der 2.-5. Primar pro Jahr zwei Zeugnisse ausgestellt werden.
Zwar sistierte der Bildungsrat das Vorhaben, die Zahl der Zeugnisse für Zweit- bis Fünftklässler von zwei auf eines pro Jahr zu senken. Die zur Entlastung der Lehrkräfte vorgesehene Massnahme ist im Kantonsrat am Montag trotzdem als unverantwortlicher Qualitätsabbau gebrandmarkt worden. Neben EVP-Sprecher Johannes Zollinger (Wädenswil) hielt nur die SP zur abwesenden Bildungsdirektorin und Parteigenossin Regine Aeppli, in deren Projekt «Belastung/Entlastung im Schulfeld» die Idee entstanden war.
Mit 127 Stimmen unterstützte der Rat eine parlamentarische Initiative von SVP, FDP und CVP vorläufig, die in der Primar- und Sekundarschule auch künftig jedes Semester ein Zeugnis verlangt. Es wird also aller Voraussicht nach nichts aus der Entlastungsmassnahme, was den Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV) am Montag zur schriftlich verbreiteten Bemerkung verleitete, nicht die Reduktion der Zahl der Zeugnisse schade der Qualität der Schule, sondern die permanente Überlastung der Lehrkräfte. Die Haltung des Kantonsrats sei zynisch.
Zweifel an der von Anita Borer (svp., Uster) vorgetragenen Theorie vom Qualitätsabbau äusserten auch Befürworter der Initiative. Es stimme etwas nicht, wenn die Schulqualität nur von der Motivation durch Noten abhänge, sagte BDP-Sprecher Stefan Hunger (Mönchaltorf). Zwar verändere ein jährliches Zeugnis nichts an der Schulqualität, aber die Eltern wollten eben häufiger informiert sein, meinte Esther Guyer (gp., Zürich). Für Sabine Wettstein (fdp., Uster) hat der Bildungsrat mit seinen Plänen einen Fehler gemacht, den es zu korrigieren gelte, auch wenn der Rat dabei in dessen Kompetenzbereich eingreife. Eine starke Entlastung stelle die Massnahme ohnehin nicht dar, sagte Corinne Thomet (cvp., Kloten).
Moritz Spillmann (sp., Ottenbach) mass den Zeugnissen durchaus Wert zu; bei seiner Nichte seien es jeweils 20 Franken. Wichtiger seien Rückmeldungen im Schulalltag. Dass der Bildungsrat zu einer «originellen» Entlastungsmassnahme gegriffen habe, sei die Folge davon, dass für SVP und FDP nur kostenneutrale Entlastungen infrage kämen.
Quelle: NZZ, 19.3. von Walter Bernet

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