19. Oktober 2013

Bündner Fremdspracheninitiative kommt vors Volk

Graubünden ist der einzige Kanton mit drei Amtssprachen. Und hin und wieder flammen Diskussionen um eine genügende Berücksichtigung des Romanischen und Italienischen auf. Nun zeichnet sich ein neues Seilziehen ab: Diese Woche ist die im Mai lancierte Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der Primarschule» mit den notwendigen 3000 Unterschriften zustande gekommen. Viele Kinder seien mit Frühitalienisch ab der dritten Klasse und Frühenglisch ab der fünften überfordert, sagt Hauptinitiant Jöri Luzi, Primarlehrer aus Klosters. Er findet viel Unterstützung seitens bekannter Wirtschaftsvertreter. Denn gemäss den Initianten sind die muttersprachlichen Kenntnisse etlicher Schulabgänger so mangelhaft, dass dies zu einem Nachteil für die künftigen Arbeitgeber wird. Soll also in Deutschbünden nur noch Englisch sowie in Italienisch- und Romanischbünden lediglich Deutsch in der Primarschule unterrichtet werden? Damit würde das dreisprachige Bündnerland ein staatspolitisch negatives Zeichen setzen. Deshalb wehren sich die italienisch- und romanischsprachigen Interessenvereinigungen gegen die Initiative. Und es gäbe eine potenzielle Komplikation, die Bildungsdirektor Martin Jäger missfällt: Nicht alle Primarschüler wiesen denselben sprachlichen Kenntnisstand auf, was die Zusammensetzung von Mittelstufenklassen mit Schülern aus verschiedenen Kantonsteilen erschwerte. Zudem hätten die Jugendlichen, die aus den sprachlichen Minderheitengebieten kommen und die Matura auf Deutsch machen müssen, dann schlechtere Englischkenntnisse. Auch würde ein interkantonaler Schulwechsel erschwert: In den meisten Kantonen lernen die Primarschüler zwei Fremdsprachen.




Wird er bald nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule lernen? Bild: Fremdspracheninitiative GR

Quelle: NZZ, 19.10.

1 Kommentar:

  1. Wie immer, wenn etwas der Obrigkeit nicht passt, wird mit vielerlei manipulativen Fehlinformationen gearbeitet. Die Initianten nehmen beispielsweise grösstmögliche Rücksicht auf den Fremdsprachenunterricht in den romanisch- und italienischsprechenden Gebieten. Sie erlauben es ihnen ausdrücklich, ihr eigenes Fremdsprachenmodell zu führen. Bereits heute gibt es Unterschiede zwischen den Sprachregionen. So besuchen die Romanen keinen Italienischunterricht. Dass dies zu Schwierigkeiten in der Zusammensetzung von Gymnasiumsklassen geführt hätte, ist vollkommen aus der Luft gegriffen. Der Hinweis auf den erschwerten Schulwechsel ist ebenfalls ein Beispiel für die Argumentationsnot des verantwortlichen Departements: Italienisch ist bekanntlich in der gesamten Deutschschweiz kein Pflichtfach.

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