27. November 2013

Fragen und Verwirrung bei Infoanlass zu Frühfranzösisch

Landauf und landab werden die Eltern über Frühfranzösisch informiert. Dass dabei Versprechungen gemacht werden, die nicht eingehalten werden können, ist seit Jahren bekannt. Ein Beispiel aus Riehen BS.
Die Zahl der Anwesenden zeigte, wie sehr das Thema den Eltern unter den Nägeln brennt. Nicht weniger als 240 Mütter und Väter hatten sich zum Informationsanlass für Eltern über die neue Fremdsprachendidaktik Passepartout angemeldet. Und dies, obwohl die Eltern der Erst- und Zweitklässler an ­einem separaten Anlass zum selben Thema informiert werden sollen.
Es ging also um den Französischunterricht in den Primarschulen. In einem langatmigen ersten Teil referierten Manuele Vanotti, kantonaler Projektleiter Passepartout, Ursina Fehr, von der Leitung Weiterbildung und Kursleiterin in Englisch, sowie Andy Thommen, Mitautor der Französisch-Lehrmittel «Mille feuilles» (3. bis 6. Klasse) und «Clin d’oeil» (7. bis 9. Klasse).
Aufkommende Fragen wurden nicht angenommen. Diese prasselten jedoch auf die Experten, Schulvertreter und Schulvertreterinnen im zweiten – nach dem Geschmack der meisten Anwesenden viel zu kurz geratenen Teil – regelrecht ein. Besonders besorgt zeigten sich die Mütter und Väter, dass längst nicht bei allen Kinder Fehler korrigiert und auch die Eltern zum Teil ­angehalten werden, dies nicht zu tun. Begründet wird dies damit, dass den Mädchen und Buben die Freude an der Sprache nicht vergällt werden solle.
Die Kinder sollten ein Sprachbad nehmen, Französisch auf viele Arten erfahren und ausprobieren, erklärten die Referenten. Grammatik und Regeln seien zwar wichtig, stünden aber nicht im Vordergrund. Diese sollten die Kinder mit der Unterstützung der Lehrkräfte mit der Zeit selbst entdecken und formulieren. Ein Ansatz, der bei vielen ­Eltern Skepsis bis zu Kopfschütteln oder sogar Lachen hervorrief.
Die Französisch-Experten versicherten, dass die Schüler nach den bisherigen Erfahrungen die Lernziele erreichen würden. Anders erleben es offenbar viele Eltern von Viert- und Fünftklässlern: Ihre Kinder würden kaum Französisch sprechen oder verstehen, so der Tenor. Auch erhoben sich zahlreiche Stimmen, dass die Kinder eine regelrechte Französisch-Aversion entwickelt hätten. Doch es gab auch positive Voten, nach denen die Primarschüler Freude an der neuen Sprache hätten.
Ganz klar wurde, dass zu Hause zwei verschiedene Welten aufeinanderprallen, die Verständigungsschwierigkeiten haben: Die schöne neue Sprachlernwelt der Kinder und diejenige der Eltern, in der das Konjugieren, das Grammatik- und Wörterbüffeln beim Erlernen einer Fremdsprache noch einen hohen Stellenwert innehatten und nicht der Spass an der Sprache im Vordergrund stand.
Noch offen ist, ob die neue Methode funktioniert oder mit dem früheren Modell die Sprachziele rascher und besser erreicht wurden. Vermutlich braucht es eine gesunde Mischung, bei der nicht über Bord geworfen wird, was sich ­jahrzehntelang bewährt hat, aber Neues und vermehrt spielerische Elemente eingebaut werden.
Das Fazit der Riehener Infoveranstaltung ist klar: Der Sprachunterricht in den Primarschulen wird noch viel zu reden geben. Denn das Ei des Kolumbus scheint noch nicht gefunden.
Quelle: Basler Zeitung, 27.11. "Viele Fragen zu Frühfranzösisch" von Susanne Stettler

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