11. Dezember 2013

Fröhliche Lehrplanzeit

Was ist unangenehmer? Geschenklisten zusammenstellen oder die eingehenden Rückmeldungen zum Lehrplan 21 lesen und sammeln? Diese sind niederschmetternder als erwartet: Der Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer LCH  verlangt nur noch eine obligatorische Fremdsprache in der Primarschule, Erziehungswissenschaftler warnen vor der Kompetenzorientierung und der damit verbundenen Standardisierung des Unterrichts, Geografie- und Geschichtslehrer kämpfen um ihre Fächer, die Wirtschaft will mehr Berufskundeunterricht, und über alle Interessensgruppen hinweg hallt der Ruf nach einem knapperen, besser lesbaren Lehrplan. Aus den ursprünglich gedachten 50 Seiten sind 558 geworden.
 Lehrplan 21: Muss noch reifen
Quelle: Blogbeitrag Südostschweiz online, Urs Kalberer, 11.12.

Der Lehrplan 21 ist das Produkt von 21 souveränen Bildungsverwaltungen, die sich auf die Harmonisierung der Volksschulbildung einigen. Das heisst, sie geben vor, sich zu einigen. In Wirklichkeit haben sie kein Interesse daran, denn damit würden sie ihre eigene Existenz infrage stellen. Hat schon mal jemand von einem Beamten gehört, der sich wegrationalisiert? Sie tun also, als ob sie sich einigen würden und sind gleichzeitig ganz scharf darauf, den Kindern vorzuschreiben, wie viele Lektionen Handarbeit sie pro Woche bekommen, wie gross die Klassen sein dürfen, wie viele Lektionen die Lehrer zu arbeiten haben und wie viele diese verdienen. Dagegen bleiben elementare schulpraktische Fragen, wie die Koordination des Fremdsprachenunterrichts, ungelöst. Das ist staatspolitisch hilflos und feige.
Also nochmals: Wir bekommen einen Lehrplan, der den Lernstoff bis ins kleinste Detail regelt, aber es gleichzeitig den Kantonen überlässt, unter welchen Bedingungen, mit welcher Infrastruktur und mit welchen Kostenfolgen dieses Ziel zu erreichen ist. Die Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung stellt fest, dass nur schon die Unterrichtsdauer während der dreijährigen Sekundarschule zwischen zwei Kantonen fast um ein ganzes Jahr differieren kann! Auch hier spielen die Kantone also munter ihr eigenes Spielchen. Ein teures Spielchen, das die Bildungsverwaltung weiter anwachsen lässt zulasten der Volksschule.
Übrigens sei der Lehrplan nicht in erster Linie für die Lehrer, sondern für die Bildungsplanung und die Lehrmittelverlage gedacht. Trotzdem reiben sich die PH schon jetzt die Hände wegen der mit der Lehrplan-Einführung verordneten obligatorischen Weiterbildungstage. Wer sich nicht so leicht übertölpeln lassen will, wer den Aufstand gegen die Bildungsverantwortlichen mittragen will, unterschreibt deshalb die Aktion gegen den neuen Lehrplan '550 gegen 550'.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen