11. März 2014

Bundesrat brüskiert Kantone in Fremdsprachenfrage

In der Fremdsprachenfrage zeichnet sich ein Machtkampf zwischen Bund und Kantonen ab. Da in einigen Kantonen Bestrebungen laufen, an der Primarschule nur noch eine Fremdsprache zu unterrichten, hält es der welsche Bundesrat Alain Berset (SP) für opportun, nun den Tarif durchzugeben. Französisch müsse bereits an der Primarschule unterrichtet werden. Deshalb ist es für Berset zwingend, dass an der Primarschule zwei Fremdsprachen unterrichtet werden. Notfalls werde er den Französischunterricht selber durchsetzen. Allerdings kann er dies nur bei Kantonen tun, die im Harmos-Konkordat mitwirken. Der Drohfinger des Bundesrats wird deshalb Wasser auf die Mühle der Harmos-Ausstiegsinitiative im Baselbiet sein. (uk)






Berset sieht das Französische als benachteiligt und fürchtet um den nationalen Zusammenhalt, Bild: wikipedia

Bundesrat erklärt Französisch in der Primarschule zur Pflicht, NZZ, 11.3. von Markus Häfliger



Alain Berset gibt den Kantonen im innerschweizerischen Sprachenstreit den Tarif durch. Jeder Schweizer Schüler müsse schon in der Primarschule eine zweite Landessprache lernen, erklärte Berset in der Fragestunde des Nationalrats. Dass in der Primarschule nur noch Englisch unterrichtet werde, sei keine Option: Das machte Berset in seiner Funktion als eidgenössischer Kulturminister klar.
Mit seinen deutlichen Aussagen reagiert der Romand auf Pläne in mehreren Deutschschweizer Kantonen, die explizit oder implizit darauf abzielen, sich künftig in der Primarschule auf den Englischunterricht zu konzentrieren. Französisch oder Italienisch würde damit erst in der Oberstufe unterrichtet.
So hat das Schaffhauser Kantonsparlament am 17. Februar 2014 ein Postulat überwiesen. Dieses verlangt, dass für Schaffhauser Primarschüler nur noch eine Fremdsprache obligatorisch ist. Der Schaffhauser Regierungsrat war gegen den Vorstoss, muss nun aber bei der Erziehungsdirektorenkonferenz auf eine entsprechende Anpassung des Harmos-Konkordates drängen.
Schaffhausen ist kein Einzelfall: In den Kantonen Basel-Landschaft, Thurgau, Solothurn und weiteren sind ähnliche Vorstösse hängig. In Graubünden ist eine Volksinitiative zustande gekommen, die verlangt, dass in der Primarschule nur noch eine Fremdsprache obligatorisch ist. Je nach Sprachregion soll dies Deutsch oder Englisch sein - Französisch und Italienisch würden aus der Primarschule verbannt. Im Kanton Luzern läuft derzeit die Sammelfrist für eine ähnliche Volksinitiative.
Nicht alle dieser Vorstösse richten sich explizit gegen das Französische, implizit aber schon. Weil in vielen Deutschschweizer Kantonen Englisch heute schon die erste Fremdsprache ist, ist absehbar, dass das Französische über die Klinge springen müsste.
Solche Ideen hält Berset für nicht kompatibel mit dem nationalen Sprachengesetz. Dieses stipuliert, dass Bund und Kantone darauf hinwirken, dass Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit über Kompetenzen in mindestens einer zweiten Landessprache und einer weiteren Fremdsprache verfügen. Um dieses Ziel zu erreichen, sei das Erlernen einer zweiten Landessprache bereits ab der Primarschule «notwendig», erklärte Berset nun im Nationalrat.
Falls es die Kantone nicht von sich aus tun, müsste notfalls der Bund dafür sorgen, dass «das Erlernen einer zweiten Landessprache ab der Primarschule in allen Kantonen gewährleistet wird», kündigt Berset an. Dabei beruft er sich auf die subsidiäre Kompetenz, die die Bundesverfassung dem Bund in diesen Fragen gibt. Falls die Kantone im Rahmen des Harmos-Konkordates «keine koordinierte Lösung» erreichen, müsste der Bundesrat die Anwendung dieser Bundeskompetenz «prüfen».
Für Berset geht es um nichts Geringeres als die Kohäsion der Schweiz. Der Unterricht in einer zweiten Landessprache sei «für den nationalen Zusammenhalt von wesentlicher Bedeutung». Wenn es in der Primarschule nur noch Englischunterricht gebe, führe das «zu einer Benachteiligung der zweiten Landessprache». Damit, so Berset, würde die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften gefährdet.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen