5. März 2014

Harmos spaltet die Grünen

Die Frage, ob das Baselbiet aus Harmos aussteigen soll, sorgt bei den Grünen für Diskussionen. Während die Parteispitze zu Harmos steht, wollen sich im Bildungsbereich tätige Grüne von Harmos verabschieden um damit den Lehrplan 21 zu verhindern.




Exponenten der Grünen sind sich uneins. Florence Brenzikofer und Jürg Wiedemann, Bild: Nicole Pont

Streit um die harmonisierte Schule, Basler Zeitung, 5.3. von Thomas Dähler


Gerne hätten Saskia Olsson und ihr Komitee Starke Schule Baselland das Volksbegehren auch als grünes Projekt verkauft. Doch die Parteispitze der Baselbieter Grünen machte ihre Opposition gegen die Initiative für den Austritt aus dem Harmos-Konkordat von allem Anfang an publik. Fest steht damit, dass Grüne gegen Grüne kämpfen werden. «Treten wir aus Harmos aus, müssen wir den Lehrplan 21 nicht übernehmen», wirbt Olsson für die Ini­tiative. «Nur wegen des Lehrplans 21 aus Harmos auszutreten, ist gefährlich», sagt demgegenüber Florence Brenzikofer, die Parteipräsidentin der Baselbieter Grünen.
Der Harmos-Graben der Grünen verläuft in der Tendenz zwischen den Mandatsträgern der Partei und den im Bildungsbereich aktiven Grünen. Im ­Initiativkomitee sind die Grünen mit stolzen 13 Vertreterinnen und Vertretern die grösste Gruppierung – fast alle bildungspolitisch engagiert oder beruflich im Bildungsbereich aktiv. Besetzt die Partei ihre Bildungsgruppe oder ihre Sitze in der Bildungskommission mit Vertretern, die nicht die Parteimeinung wiedergeben? «Nein», sagt Brenzikofer, «wir tolerieren unterschiedliche Haltungen.» Sie zweifle aber daran, dass die Kritik am Harmos-Konkordat in der Bildungsgruppe wirklich breit abgestützt sei. Maya Graf, Nationalrätin der Grünen, geht noch weiter: «Wir sind in dieser Frage gar nicht gespalten, unter den Grünen im Initiativkomitee befinden sich nur zwei Mandatsträger.» Auch in der Bildungsgruppe stehe der harte Kern hinter Harmos.
Lehrplan 21 und Einheitsschule
Das sieht Landrat Jürg Wiedemann, der als Sekundarlehrer in Allschwil arbeitet und die Grünen in der Bildungskommission vertritt, anders: «Ein grosser Teil der Bildungsgruppe steht hinter dem Volksbegehren.» Wiedemann will auch um die Mehrheit in der Mitgliederversammlung kämpfen. Der Vorstand allerdings werde wohl dagegen sein, macht sich Wiedemann keine Illusionen. Brenzikofer kündigte an, die Haltung zum Harmos-Austritt an der nächsten Vorstandssitzung definitiv zu klären.
Die Initiative will vor allem verhindern, dass das Baselbiet den Lehrplan 21 übernehmen muss. «Der Lehrplan 21 wirft alle Schülerinnen und Schüler in denselben Topf», hatte Olsson bei der Lancierung der Initiative gesagt. «Eigentlich zielt der Lehrplan 21 auf die Einheitsschule», formuliert Jürg Wiedemann seine Kritik am Lehrplan 21, der seiner Meinung nach «die Leistungsniveaus aufweichen will». Brenzikofer glaubt nicht, dass der Lehrplan 21 gegen die Leistungsniveaus gerichtet ist. Sie bekämpft die Initiative aber vor allem, weil man damit nicht nur den Lehrplan 21, sondern auch die Harmonisierung zwischen den Kantonen grundsätzlich aufs Spiel setze: «Es besteht die Gefahr, dass auch die vereinbarten Strukturen wieder infrage gestellt werden.» Nationalrätin Graf kann zwar die Kritik am Lehrplan 21 verstehen. Dieser sei aber noch nicht verabschiedet. Graf meint dezidiert: «Man kann doch nicht allein wegen des Lehrplans 21 alles infrage stellen.»
Bildungsfragen hätten bei den Grünen nicht denselben Stellenwert wie beispielsweise Umweltfragen, sagt Wiedemann. Er meint, die diametral verschiedenen Ansichten zum Lehrplan 21 und zu Harmos seien für die Grünen deshalb kein Problem. «Wir sind deswegen keine zerstrittene Partei», meint er. Hinter der Harmos-Diskussion bei den Grünen gebe es «null Belastungsprobe». Es sei eine Stärke der Grünen, dass Unterschiede zugelassen und verschiedene Haltungen respektiert würden. Auch Präsidentin Brenzikofer spielt dieselbe Karte. Dass es bei Harmos unterschiedliche Haltungen gebe, sei nicht neu und werde toleriert.
Beschlossen worden war der Harmos-Beitritt des Kantons seinerzeit dank einer Koalition, die von links aussen bis weit ins freisinnige Lager hineinreichte. Scheren Grüne in grosser Zahl aus, könnte die Initiative den Konkordatsbeitritt durchaus rückgängig machen. Ob danach die Grünen noch immer von «null Belastungsprobe» sprechen, muss offen bleiben.


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