In der Krippe kostet das Spielen, im Kindergarten ist es gratis, Bild: 20 Minuten
Kindergarten statt Krippe - um Geld zu sparen, 20 Minuten, 23.4. von Camilla Alabor
Kindergarten? Lieber früher
als später! So denken offenbar einige Eltern in der Schweiz – und versuchen,
ihr Kind in den Kindergarten zu bringen, selbst wenn es noch keine vier Jahre
alt ist. In Zürich sind es besonders Eltern aus dem Speckgürtel rund um die
Stadt, die sich um einen früheren Kindergarten-Eintritt bemühen, wie der «Landbote»
schreibt.
Aber auch in Basel-Stadt
möchten die Eltern teilweise bereits ihre dreijährigen Töchter und Söhne in den
Chindsgi schicken. Das bestätigt Hansgeorg Signer vom Bildungsdepartement: «Die
Anzahl entsprechender Gesuche hat in den letzten Jahren stetig zugenommen.» Das
liege wohl daran, dass die Eltern ihre Kinder so früh wie möglich fördern
wollten, vermutet er. «Sie glauben, den Kindern damit einen Bildungsvorsprung
zu verschaffen.»
Alte Schweizer
Kindergärtler
Dazu biete der Kindergarten
eine Tagesstruktur, was es den Eltern leichter mache, ihrer Arbeit nachzugehen.
Gerade Expat-Eltern seien sich ausserdem gewohnt, ihre Kinder viel früher in
den Kindergarten zu schicken. Die Schweiz sei im internationalen Vergleich
relativ spät dran. Martin Wendelspiess, Chef des Zürcher Volksschulamts,
glaubt, dass bei einzelnen Eltern auch das Geld eine Rolle spielt: «Für sie ist
es billiger, ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken als in die Krippe.»
Allerdings kämpfen nicht
alle Gemeinden gegen einen wachsenden Berg an Gesuchen. In Luzern, St. Gallen
oder Schaffhausen bleiben die Zahlen stabil. Christian Amsler, Schaffhauser
Regierungsrat und Präsident der Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz
glaubt deshalb, dass es sich dabei vor allem um ein städtisches Phänomen
handle: Dort zeigten sich Trends meist zuerst.
«Kind wird nicht schlauer»
«Es ist ein Spiegel unserer
Gesellschaft: Viele Eltern haben das Gefühl, das eigene Kind sei etwas
Spezielles und für Höheres geschaffen», sagt Amsler. Dies zeige sich umso mehr
in Zeiten sinkender Geburtenraten und Einkind-Familien. Die Eltern würden ihrem
Nachwuchs mit dem frühen Kindergarten-Eintritt aber keinen Gefallen tun,
sondern ihn lediglich überfordern. «Ein Kind wird nicht schlauer, weil es ein
Jahr früher im Kindergarten ist.»
Tatsächlich bedeutet die
steigende Anzahl von Gesuchen nicht unbedingt, dass entsprechend viele Jungen
und Mädchen vorzeitig den Kindergarten besuchen. So lehnt Basel-Stadt alle
Gesuche ab, weil es im Kanton dafür keine gesetzliche Grundlage gibt. Anders im
Kanton Zürich. Dort entscheiden die Gemeinden selber, welche Kinder tatsächlich
aufgenommen werden. Dennoch ist der Anteil Kinder, die beim Eintritt jünger als
vier Jahre sind, im letzten Jahr leicht gesunken: von 3,16 auf 2,94 Prozent.
Gemeinden sind strikter
Mit ein Grund dafür dürfte
die Reaktion der Gemeinden sein: Einige von ihnen haben auf die Flut an
Gesuchen bereits reagiert. Statt alle Anträge durchzuwinken, verlangen sie eine
schulpsychologische Abklärung. Damit sinkt die Rate der angenommenen Gesuche.
Ab 2016 ist aber sowieso
Schluss mit den kantonalen Unterschieden. Mit dem Konkordat zur Harmonisierung
der Schweizer Schulen (Harmos) gilt überall in der Schweiz, dass die
Kindergärtler am Stichtag, dem 31. Juli, vier Jahre alt sein müssen. Zwar wird
es auch dann möglich sein, Kinder ab dreieinhalb Jahren in den Kindergarten zu
schicken – aber nur, falls ein Reifetest und eine schulpsychologische Abklärung
ergeben, dass das Kind dafür auch wirklich bereit ist.
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