Ist es
wirklich ein Fortschritt, wenn statt über 4700 Kompetenzen neu nur noch 3800 zu
vermitteln sind? Selbst für die Lehrplan-Macher ist es schon schwierig genug,
den Unterschied zwischen bisherigem Wissen und Können und der neuen Kompetenzorientierung
zu erklären. Und weshalb gerade eine Reduktion um 20 Prozent? Warum nicht 15
oder 75 Prozent? Polittaktik schlägt pädagogische Grundsätze. Falls der
Lehrplan 21 je den Anspruch erhob, wissenschaftlich seriös aufgebaut zu sein,
dann fragt man sich, wie man offenbar willkürlich 20 Prozent davon amputieren
kann.
Trotz
massiver Kritik von Lehrern und Bildungsspezialisten bleibt der Lehrplan
grösstenteils so wie geplant. Doch ein schlechtes Menu wird nicht besser, wenn
man die Portionen verkleinert. Wer, wie der LCH, lediglich mehr Zeit zur
Umsetzung und Einführung fordert, akzeptiert doch diesen Lehrplan mit seiner
fatalen Gleichschaltung von Ungleichem: Erst der neue Lehrplan erlaubt es, ein
Deutschschweizer Bildungsmonitoring aufzuziehen und dafür noch mehr Geldströme
weg vom Klassenzimmer und hinein in die Bildungsadministration zu lenken.
Weiter wird ein didaktischer Einheitsbrei, wenn nicht wie bei den Fremdsprachen
explizit verordnet, durch uniformierte Lehrmittel zumindest gefördert.
Und die
Kosten? Nach wie vor bleibt unbekannt, was die Planung, Herstellung und
Einführung, inklusive teurer Lehrerweiterbildungen, neuen Lehrmitteln und
Beurteilungsinstrumenten kosten wird. Es geht doch um Grundsätzliches: Niemand
wagt ernsthaft zu behaupten, dass die Leistungen unserer Schüler mit dem neuen
Lehrplan besser würden. Gleichzeitig werden die Lehrer, der wichtigste Faktor
einer guten Schule, noch stärker zu Vollzugsbeamten einer ungebremsten
Evaluations-Bürokratie degradiert. Nein, danke!
Kommentar zur Überarbeitung des Lehrplans 21 von Urs Kalberer
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