3. April 2014

Stopp der Geheimhaltung

Alain Pichard, Erstunterzeichner der Aktion «550 gegen 550» hielt gestern in Bern bei der Pressekonferenz zum Lehrplan 21 eine kleine Anekdote bereit: «Ein Schulleiter hat sich die Mühe gemacht, in den drei kurzen Monaten der Vernehmlassung zum Lehrplan 21 die Kritik seiner Kollegen zu sammeln. Er bekam einen Code, um die Voten den Lehrplanverantwortlichen zuzusenden. Die Antwort folgte auf dem Fuss: Er wurde gerüffelt, weil er das Schreiben nicht über die Kantone laufen gelassen hatte. So viel zur gnadenlos praktizierten Bürokratie rund um den Lehrplan 21.»
Stopp der Geheimhaltung, Basler Zeitung, 3.4. von Franziska Laur


Diese Bürokratie habe auch im Schulalltag Einzug gehalten, sagte Andreas Aebi, Lehrer in Langnau. Daher ist den tausend Lehrern, die bei der Aktion «550 gegen 550» unterschrieben, bewusst, dass man den Lehrplan 21 so nicht hinnehmen darf. Dieser schramme an der Praxis vorbei, argumentieren sie. «Er ist ein monumentales Regelwerk, das den Lehrpersonen keinen Freiraum lässt», sagte Pichard. Ausserdem strotze es vor Widersprüchen.
Abschied vom Ziel der Bildung
Daniel Goepfert, Basler SP-Grossrat und Gymnasiallehrer, ist in der Kerngruppe «550 gegen 550». Er verlangt von den Erziehungsdirektoren Kostentransparenz. Man müsse endlich offenlegen, wie viel die Einführung des Lehrplans koste; die Lehrmittel wie die Weiterbildung der Lehrpersonen. Und in Bezug auf den Lehrplan sei es wichtig, Inhalte festzulegen. «Es braucht auch Fakten, sonst droht ein Fach wie Geschichte unterzugehen», sagte er.
Elfy Roca, Primarlehrerin und Unterstufenlehrerin, betonte, der Lehrplan 21 habe ein gewaltiges Legitimationsproblem: «Tatsache ist, dass sich der Lehrplan 21 endgültig vom Ziel einer umfassenden Bildung der Kinder und Jugendlichen verabschiedet», sagte sie. Es werde nicht mehr beschrieben, welche Inhalte vermittelt und welche Ziele erreicht werden sollten, sondern es stehe im Lehrplan, was ein Kind können müsse. Mit dieser ausschliesslichen Orientierung an den Kompetenzen finde ein Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik statt. «Eine solch grundlegende Reform darf nicht ohne politische Diskussion und am Volk vorbei eingeführt werden», sagte Roca. Es brauche zwingend mehr Transparenz, mehr Offenlegung der wahren Ziele und der ideologischen Hintergründe.
Die Unterschriftensammlung werde man nun beenden, sagte Alain Pichard. Doch man habe mehrere Forderungen: Beispielsweise einen sofortigen Stopp der Geheimhaltung zugunsten eines Dialogs. Ausserdem eine effizientere Organisationsform mit klaren Verantwortlichen und den Einbezug von Kritikern in den Reformprozess.

Man werde nun scharf beobachten, ob der Bearbeitungsprozess beim Lehrplan 21 offen und transparent laufe. Sonst werde man eingreifen. «Wir haben ein beachtliches Know-how, wie man solche Kampagnen führen muss», sagte Pichard.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen