Keine direkten Auswirkungen für NWCH trotz Mundart im Kindergarten, Bild: az
"Rüebli"-Abstimmung schwächt den Bildungsraum Nordwestschweiz, Basellandschaftliche Zeitung, 21.5. von Annika Bangerter
Das Stimmvolk im Kanton
Aargau hat am Wochenende die Mundartinitiative angenommen. Diese will, dass
«die Unterrichtssprache im Kindergarten grundsätzlich die Mundart ist».
Was bedeutet dies für
die Kantone beider Basel? Neben den Kantonen Basel-Stadt, Baselland und
Solothurn ist der Kanton Aargau auch ein Kooperationspartner im Bildungsraum
Nordwestschweiz. Dieser wurde Ende 2009 von den vier Kantonen lanciert, um im
Bildungsbereich gemeinsame Lösungen zu erarbeiten und auf der nationalen Ebene
ein grösseres Gewicht zu erhalten.
Dafür findet
insbesondere auf der Verwaltungsebene und an der pädagogischen Hochschule eine
entsprechende Zusammenarbeit statt. «Das Abstimmungsresultat im Kanton Aargau
bedeutet nichts für den Bildungsraum Nordwestschweiz. Ob Mundart oder
Hochdeutsch im Kindergarten gesprochen wird, ist kein gemeinsames Thema», sagt
Christian Aeberli, Vorsitzender der Leitungskonferenz Volksschule im
Bildungsraum Nordwestschweiz.
Visionäre Idee nicht
Realität
Diese Einschätzung
teilen alle von der bz angefragten Personen in Politik und Verwaltung.
Allerdings fallen ihre Begründungen unterschiedlich aus und sie stützen sich
auf teils verschiedene Auffassungen bezüglich des Bildungsraumes. Diesem misst
Oswald Inglin, Präsident der grossrätlichen Bildungs- und Kulturkommission
(BKK), kein grosses Gewicht mehr zu: «Der Bildungsraum Nordwestschweiz hat mit
dem Aargauer Kleeblatt-Entscheid an Bedeutung eingebüsst. Der ehemals grosse
Traum eines einheitlichen Bildungsraums ist dadurch weitgehend verunmöglicht
worden.»
Aeberli räumt zwar ein,
dass die visionäre Idee eines gemeinsamen Bildungsraumes nicht Realität wurde,
lobt aber die gegenwärtige Zusammenarbeit der vier Kantone: «Der Bildungsraum
Nordwestschweiz ist keineswegs tot. Zurzeit sind zehn Arbeitsgruppen an
verschiedenen Themen.» Aeberli betont, dass insbesondere über die Pädagogische
Hochschule ein intensiver Austausch zwischen den vier Kantonen gepflegt wird,
«eine Zusammenarbeit, die in dieser Form einzigartig in der Schweiz ist».
Unterschiede vergrössern
sich
Mit der Abstimmung
schlug der Kanton Aargau nicht zum ersten Mal einen eigenen bildungspolitischen
Weg ein. So wird in den Kantonen Basel-Stadt, Baselland und Solothurn
Französisch als erste Fremdsprache unterrichtet - im Kanton Aargau hingegen
Englisch. Mit der Mundartinitiative nehmen die Differenzen zwischen den
Kantonen nochmals zu. Dennoch will auch der Leiter der Volksschulen im Kanton
Basel-Stadt, Pierre Felder, weiterhin an der Zusammenarbeit festhalten: «Es gab
gewisse Rückschläge für den Bildungsraum Nordwestschweiz. Er ist aber immer
noch eine wichtige Strategie.»
Auch der Baselbieter
SP-Landrat, Thomas Bühler, will an der Zusammenarbeit festhalten: «Für den
Bildungsraum Nordwestschweiz ist insbesondere die Aus- und Weiterbildung der
Lehrkräfte wichtig, die Anpassung der Schulstrukturen oder die Einführung des
gemeinsamen Lehrplans 21. Hierbei sollte nicht jeder Kanton sein eigenes
Süppchen kochen.»
In Bezug auf die
Anpassung der Bildungsbereiche in den vier Kantonen sind jedoch die Meinungen
geteilt. Für den Vorsitzenden der Leitungskonferenz Christian Aeberli ist der
Kanton Aargau im Bildungsraum «in wesentlichen Strukturfragen harmonisiert».
Dem widerspricht Oswald Inglin: «Von einer Harmonisierung sind wir weit
entfernt.» Für Inglin besteht der eigentliche Bildungsraum lediglich zwischen
Baselland und Basel-Stadt. Auch diese Zusammenarbeit könnte «durch
Harmos-feindliche Initiativen gefährdet sein». Gegenwärtig sammelt das Komitee
«Starke Schule Baselland» Unterschriften für eine kantonale Bildungsinitiative,
die den Ausstieg aus dem Harmos-Konkordat verlangt.
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