Praxislehrpersonen sind in der ganzen Schweiz Mangelware, Bild: Keystone
Dem Lehrernachwuchs fehlt es an Praktikumsplätzen, Basellandschaftliche Zeitung, 11.6. von Hans Fahrländer
Auch in diesem Jahr verzeichnet die Pädagogische Hochschule
Nordwestschweiz (PH) einen grossen Studierendenzuwachs. Über 1300 Personen
haben sich für ein Studium im Herbst angemeldet, fast 20 Prozent mehr als im
Rekordjahr 2013.
Es fehlen vor allem Primarlehrer
So
erfreulich diese Entwicklung ist: Sie reicht bei weitem nicht aus, um den
Bedarf an Lehrkräften in der Nordwestschweiz zu decken. In den nächsten zehn
Jahren steigen die Schülerzahlen weiter an. Gleichzeitig werden viele
langjährige Lehrpersonen, Angehörige der Generation «Babyboomer», pensioniert.
Deshalb benötigen die vier Kantone des Bildungsraums Nordwestschweiz – Aargau,
beide Basel und Solothurn – jährlich etwa 1700 neue Lehrerinnen und Lehrer:
1000 für die Primarstufe und 700 für die Sekundarstufe I.
In
den nächsten zwei Jahren stellen drei der vier Kantone ihr Schulsystem um. Neu
gibt es überall sechs Jahre Primarstufe und drei Jahre Sekundarstufe I. In
Basel-Stadt hat der Prozess im letzten Jahr begonnen, der Aargau startet diesen
Sommer und Basel-Landschaft 2015/2016. Die Verlängerung erfordert im nächsten
Schuljahr rund 2000 zusätzliche Primarlehrkräfte. Auf der Sekundarstufe I
braucht es im Moment keine neuen Lehrpersonen (es hat eher zu viele) – das wird
sich aber in wenigen Jahren wieder ändern. Der Mehrbedarf auf der Primarstufe
kann durch Wechsel von Oberstufenlehrkräften nur zum Teil gedeckt werden.
Es fehlt an Praktikumsplätzen
Der
rasante Anstieg von Studierenden an der PH führt zu einem weiteren Phänomen: Es
fehlt an Praxislehrpersonen, also an aktiven Lehrerinnen und Lehrer, welche
bereit sind, die Studierenden in ihre Klasse aufzunehmen und sie in die
unterrichtspraktische Seite des Schulegebens einzuführen. Das kann nicht jede
Lehrperson tun – es braucht dazu eine Weiterbildung.
Die
PH Nordwestschweiz hat in den letzten Jahren als erste in der Schweiz ein
«Partnerschul-Modell» eingeführt: Sie schliesst mit Schulen aus dem
Verbreitungsgebiet einen Vertrag ab, verpflichtet also nicht mehr nur einzelne
Lehrpersonen, sondern arbeitet mit ganzen Kollegien zusammen. Laut PH-Direktor
Hermann Forneck profitieren beide Seiten von einer solchen Kooperation: «Die
Studierenden können in den Praktika wichtige Berufserfahrungen sammeln, die
Praxislehrpersonen anderseits erfahren Unterstützung und erhalten zudem fruchtbare
Impulse aus der Hochschule punkto Unterrichtsentwicklung».
Breiter Schulterschluss
Praxislehrpersonen
sind in der ganzen Schweiz Mangelware. In einigen Kantonen, zum Beispiel in
Graubünden, setzt man zu seiner Behebung auf zwangsweise Verpflichtung. «Wir
gehen einen anderen Weg, mit Anreizen und Laufbahnoptionen», sagt Christian
Irgl, Leiter Kommunikation der PH Nordwestschweiz. Nicht selbstverständlich
sei, dass es im Bildungsraum zu einem breiten Schulterschluss zwischen
kantonalen Bildungsdirektionen, Lehrerverbänden, Schulleiterverbänden und der
Pädagogischen Hochschule gekommen sei. «Wir sehen darin eine Anerkennung der
politisch Zuständigen und der Lehrerverbände für unser Praxismodell», sagt
Irgl.
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