12. Juni 2014

Mangel an Praktikumsplätzen

Der Ansturm auf die Lehrerbildungsanstalten führt zu einem Problem: Es gibt zu wenig Praktikumsplätze.





Praxislehrpersonen sind in der ganzen Schweiz Mangelware, Bild: Keystone

Dem Lehrernachwuchs fehlt es an Praktikumsplätzen, Basellandschaftliche Zeitung, 11.6. von Hans Fahrländer


Auch in diesem Jahr verzeichnet die Pädagogische Hochschule Nordwestschweiz (PH) einen grossen Studierendenzuwachs. Über 1300 Personen haben sich für ein Studium im Herbst angemeldet, fast 20 Prozent mehr als im Rekordjahr 2013.
Es fehlen vor allem Primarlehrer
So erfreulich diese Entwicklung ist: Sie reicht bei weitem nicht aus, um den Bedarf an Lehrkräften in der Nordwestschweiz zu decken. In den nächsten zehn Jahren steigen die Schülerzahlen weiter an. Gleichzeitig werden viele langjährige Lehrpersonen, Angehörige der Generation «Babyboomer», pensioniert. Deshalb benötigen die vier Kantone des Bildungsraums Nordwestschweiz – Aargau, beide Basel und Solothurn – jährlich etwa 1700 neue Lehrerinnen und Lehrer: 1000 für die Primarstufe und 700 für die Sekundarstufe I.
In den nächsten zwei Jahren stellen drei der vier Kantone ihr Schulsystem um. Neu gibt es überall sechs Jahre Primarstufe und drei Jahre Sekundarstufe I. In Basel-Stadt hat der Prozess im letzten Jahr begonnen, der Aargau startet diesen Sommer und Basel-Landschaft 2015/2016. Die Verlängerung erfordert im nächsten Schuljahr rund 2000 zusätzliche Primarlehrkräfte. Auf der Sekundarstufe I braucht es im Moment keine neuen Lehrpersonen (es hat eher zu viele) – das wird sich aber in wenigen Jahren wieder ändern. Der Mehrbedarf auf der Primarstufe kann durch Wechsel von Oberstufenlehrkräften nur zum Teil gedeckt werden.
Es fehlt an Praktikumsplätzen
Der rasante Anstieg von Studierenden an der PH führt zu einem weiteren Phänomen: Es fehlt an Praxislehrpersonen, also an aktiven Lehrerinnen und Lehrer, welche bereit sind, die Studierenden in ihre Klasse aufzunehmen und sie in die unterrichtspraktische Seite des Schulegebens einzuführen. Das kann nicht jede Lehrperson tun – es braucht dazu eine Weiterbildung.
Die PH Nordwestschweiz hat in den letzten Jahren als erste in der Schweiz ein «Partnerschul-Modell» eingeführt: Sie schliesst mit Schulen aus dem Verbreitungsgebiet einen Vertrag ab, verpflichtet also nicht mehr nur einzelne Lehrpersonen, sondern arbeitet mit ganzen Kollegien zusammen. Laut PH-Direktor Hermann Forneck profitieren beide Seiten von einer solchen Kooperation: «Die Studierenden können in den Praktika wichtige Berufserfahrungen sammeln, die Praxislehrpersonen anderseits erfahren Unterstützung und erhalten zudem fruchtbare Impulse aus der Hochschule punkto Unterrichtsentwicklung».
Breiter Schulterschluss
Praxislehrpersonen sind in der ganzen Schweiz Mangelware. In einigen Kantonen, zum Beispiel in Graubünden, setzt man zu seiner Behebung auf zwangsweise Verpflichtung. «Wir gehen einen anderen Weg, mit Anreizen und Laufbahnoptionen», sagt Christian Irgl, Leiter Kommunikation der PH Nordwestschweiz. Nicht selbstverständlich sei, dass es im Bildungsraum zu einem breiten Schulterschluss zwischen kantonalen Bildungsdirektionen, Lehrerverbänden, Schulleiterverbänden und der Pädagogischen Hochschule gekommen sei. «Wir sehen darin eine Anerkennung der politisch Zuständigen und der Lehrerverbände für unser Praxismodell», sagt Irgl.


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