Wüthrich: "Sorgfalt vor Tempo", Bild: Basler Zeitung
Lehrplan 21 wird später eingeführt, Basler Zeitung, 5.6. von Thomas Dähler
Der umstrittene Lehrplan 21 wird auch im
Baselbiet nicht bereits auf das Schuljahr 2015/16 eingeführt. «Den Anspruch,
Sorgfalt vor Tempo zu stellen, werden wir beim Lehrplan 21 einlösen», erklärte
Regierungsrat Urs Wüthrich gestern Nachmittag an der Delegiertenversammlung der
Baselbieter Lehrerinnen und Lehrer in Sissach. Die Amtliche Kantonalkonferenz
gab mehreren Politikerinnen und Politikern Gelegenheit, sich zur
Bildungspolitik zu äussern.
Einen konkreten Einführungstermin für den Lehrplan 21 nannte
Wüthrich in seinem Votum nicht. Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion
werde die Frage, welche Neuerungen wann eingeführt werden, sehr genau prüfen,
versprach der Bildungsdirektor den Lehrerinnen und Lehrern. Dabei werde der
Erneuerungsbedarf und der Ausbildungsbedarf berücksichtigt. Wüthrich nahm mit
dem Versprechen den Ball auf, den ihm zuvor Ernst Schürch, der Präsident der
Amtlichen Kantonalkonferenz, zugespielt hatte. «Wir brauchen mehr Zeit», hatte
Schürch gefordert.
An der Versammlung nahmen mehrere Parteivertreter die Gelegenheit
wahr, ihre Position zu den aktuell umstrittenen bildungspolitischen Fragen zu
erklären. Durch Abwesenheit glänzten einzig FDP und SVP. Für eine rasche
Einführung des Lehrplans plädierte niemand. Die beiden SP-Landräte Marc Joset
und Christoph Hänggi warben für Geduld. «Lasst euch nicht verrückt machen»,
sagte Joset. «Wir müssen abwarten, was jetzt bei der Überarbeitung
herauskommt», sagte Hänggi. CVP-Landrätin Christine Gorrencourt meinte nur, sie
habe Verständnis für die Sorgen der Lehrpersonen. Deutliche Kritik am Lehrplan
21 übten Hector Herzig, der Parteipräsident der Grünliberalen, sowie der Grüne
Jürg Wiedemann. Herzig kritisierte den Umfang des Lehrplans: «Weshalb braucht
es 400 Seiten?» Und Wiedemann meinte, auch die Überarbeitung werde nichts
bringen – «weil sich nichts an der Philosophie ändert».
«Harmos ist als Idee gescheitert»
Wiedemann, Initiant der Harmos-Ausstiegsinitiative, war nicht der
einzige fundamentale Kritiker der Politik der Bildungs-, Kultur- und
Sportdirektion. Auch BDP-Parteipräsidentin Marie-Therese Müller meinte, mit der
beschlossenen Schulharmonisierung sei «nicht das herausgekommen, was uns
versprochen wurde». Und Herzig sagte: «Harmos ist als Idee gescheitert.»
Vehement verteidigt wurde das Harmos-Konkordat von der
Parteipräsidentin der Grünen, Florence Brenzikofer. Ihr Hauptargument gegen
einen Austritt aus dem Konkordat: «Die Verunsicherung wäre zu gross.» Hänggi
hielt einen Austritt sogar für gefährlich. Und Bildungsdirektor Wüthrich warnte
davor, dass die Diskussion ein miserables Bild auf den Kanton Baselland werfe,
und dieser riskiere, anderswo «nicht mehr ernst genommen zu werden».
Weniger Differenzen gab es beim Thema Integration. Die
verschiedenen Votanten plädierten für einen Mittelweg zwischen Integration und
Separation – «Integration nicht um jeden Preis», wie es Brenzikofer
formulierte. Beim Entlastungspaket wagte kaum ein Politiker gegen die klar
geäusserte Forderung der Lehrer anzutreten, die seinerzeit im Pensum eingeführte
zusätzliche Lektion wieder zu streichen. Einzig BDP-Präsidentin Müller
kritisierte die Haltung «Sparen ja, aber nicht bei mir».
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