4. Juli 2014

Bonschur und Helou

Heute ist der letzte Baselbieter ­Primarschultag ohne Frühenglisch. Nach den Sommerferien beginnt das Zeitalter der Mehrsprachigkeits­didaktik. Das bedeutet, dass man den Kindern, die in der dritten und vierten Primar kaum ein Wort Französisch gelernt haben, in der fünften Klasse auch noch Englisch um die Ohren schlägt. Diesem Konzept liegt die Mär von den Kinderlein zugrunde, die jede Sprache im Schlaf erlernen – eine fatale bildungsdidaktische Fehlüberlegung. Zwar stimmt es schon, dass Kinder einfach Sprachen lernen. Allerdings nur, wenn sie permanent mit der Zielsprache konfrontiert sind und die sogenannte Immersion einsetzt. Bei zwei Wochenstunden Frühfremdsprache passiert hingegen gar nichts, ausser einer punktuellen Stimulation mit äusserst bescheidenem Lernerfolg.
Bonschur und Helou, Basler Zeitung, 4.7. von Balz Stückelberger (Baselbieter Landrat FDP)

Frühfremdsprachen sind deshalb eine auf schiefen pädagogischen Erkenntnissen beruhende Fehlinvestition. Heute gilt es als erwiesen, dass es für den Lernerfolg am Ende der Schulzeit vollkommen unerheblich ist, wann mit dem Sprachunterricht eingesetzt wurde. Ein späterer Beginn mit einer höheren Wochenstundenzahl wäre sogar deutlich ­effizienter. In Baselland kommt erschwerend hinzu, dass mit «Mille Feuilles» ein Lehrmittel zum Einsatz kommt, das diesen Namen schlicht nicht verdient. Es ist so neu und revolutionär, dass den Eltern eine 16-seitige Broschüre verabreicht werden muss, um sie auf den ersten Schock vorzubereiten. Kernbotschaft: Ihr Kind wird nichts lernen, denn lernen war gestern. Heute wird nur noch immersiv gebadet. Und falls Ihr Kind wider Erwarten dennoch einmal ein Wort aufschnappen sollte: Bitte nicht korrigieren! Denn Fehler gelten heute als positiver Ausdruck von Mut und Selbstkompetenz. Ein Grundsatz übrigens, den die Bildungs­theoretiker vor allem für sich selber zu reklamieren scheinen.
Nun warten wir gespannt, bis aus der Ecke der Lehrmittel-Experimente auch das Ende des Einmaleins-Paukens ausgerufen wird. Denn das präzise Rechnen ist sicher auch eine Gefahr für die kindliche Entwicklung. Immer nur Resultate zu liefern, hemmt doch die Kreativität. Lassen wir die Kinder stattdessen die Zahlen positiv erleben, indem sie mit ihnen tanzen und jonglieren, ohne sie zu verstehen. Schliesslich werden unsere Kantonsfinanzen seit Jahren nach diesem Konzept verwaltet.

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