21. Juli 2014

Stell dir vor, die Schule mache Blödsinn und die Eltern wehrten sich

Eltern sind geduldig. Es braucht viel, bis sie sich organisieren und sich gegenSchulprojekte wehren. Kürzlich war es wieder so weit: In einer Zürcher Gemeinde bildete sich ein Elternkomitee, welches das altersdurchmischte Lernen (AdL) bekämpft. Mit guten Argumenten. Auch die Lehrer haben genug: In einem Schulhaus kündigten 13 von 30 Lehrern. Sie wollten nicht länger als Lerncoach in einer AdL-Umgebung arbeiten.


Altersdurchmischtes Lernen: Kinder als Versuchskaninchen, Bild: Primarschule Wädenswil

Stell dir vor, die Schule mache Blödsinn und die Eltern wehrten sich, Blogbeitrag für die Südostschweiz von Urs Kalberer
Altersdurchmischtes Lernen ist in der Schweiz gerade im Trend. Hunderte von Schulklassen stellen jedes Jahr vom Jahrgangsunterricht auf den gemischten Unterricht um. Diese Entwicklung wird wohlwollend vom Schweizer Lehrerverband (LCH) begleitet. Der Leiter der pädagogischen Arbeitsstelle beim LCH verkündet stolz, dass auch im Thurgau über die Hälfte der Kinder in AdL-Klassen unterrichtet würden. Im Gegensatz zum traditionellen Schulmodell, das Kinder nach Jahrgängen zusammenfasst, setzen sich altersdurchmischte Klassen aus zwei oder mehr Jahrgängen zusammen. In der Theorie profitieren alle Kinder voneinander. Dass ihnen das Modell schulisch tatsächlich entgegenkommt, konnten Untersuchungen bisher jedoch nicht erhärten. Altersdurchmischte Klassen würden «Heterogenität als Lernchance für individualisierendes und integratives gemeinsames Lernen nutzen», heisst es in einem Papier der Pädagogischen Hochschule an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Das mag unter Laborbedingungen der Fall sein. Dass sie in der harten Realität für die Kinder besser sind als einzelne Klassenzüge, ist keineswegs bewiesen.

AdL ist, wenn sich Kinder aus Schutz vor dem Lärm im Unterricht einen Armee-Gehörschutz der Marke „Pamir“ anziehen dürfen. Doch nicht alle Kinder wollen unbedingt etwas lernen in der Schule. Wer kann es ihnen übelnehmen, wenn sie, während die Lehrerin als Lerncoach von Gruppe zu Gruppe eilt, genüsslich die Panini-Sammlung durchsehen und neu sortieren?  Ich habe noch keine Primarlehrerin getroffen, die nicht unter der Last der grossen Heterogenität in ihrer Klasse gestöhnt hätte. Dazu kommt noch die Belastung, möglichst alle Kinder zu integrieren und individuell zu fördern. Nun soll also durch AdL die Heterogenität künstlich noch weiter erhöht werden. Was soll das?

Es gibt Eltern, die sich nicht länger an der Nase herumführen lassen (http://www.elternfuereinegutevolksschule.ch) und sich organisieren. Denn wer heute in der Schule progressiv sein will, muss konservieren. Deshalb gilt: Wenn die Schule Blödsinn macht, dürfen sich die Eltern wehren.

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