12. Februar 2015

Keine Grossraumbüros für Schüler

Grossraumbüros für 60 bis 80 Baselbieter Schüler, die gemeinsam in sogenannten Lernlandschaften von Lehrern gecoacht werden, soll es im Baselbiet nicht geben. Ein überparteilicher Vorstoss, unterstützt von Parlamentariern der FDP, Grünliberalen, SVP und Grünen wollen die Lernlandschaft-Visionen der Schule Muttenz wie Seifenblasen platzen lassen und auch Schulmodelle der Baselbieter Bildungsdirektion mit "Lerngemeinschaften mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Niveaus" stoppen. Davon betroffen sein wird auch das Experiment an der Sekundarschule Pratteln.




"Lernlandschaften" soll ein Riegel geschoben werden, Bild: Keystone


Stopp für pädagogische Spielereien an Sek-Schulen, Basler Zeitung, 12.2. von Daniel Wahl


Den Lernlandschaften einen Riegel schieben würde ein zusätzlicher Passus im Bildungsgesetz – und zwar mit folgenden Worten: «In den Promotions­fächern (mit Ausnahme von Sport) dürfen in einem Unterrichtsraum gleichzeitig nicht mehr Schülerinnen und Schüler betreut werden als die bereits festgelegte Maximalzahl der Klassengrössen». Das heisst: Fächer wie Deutsch, Fremdsprachen, Mathematik, Geografie oder Geschichte dürfen nur noch im Klassenverband (22 bis maximal 24 Schüler) unterrichtet werden. Und die Schule in Pratteln müsste ihren bereits baulich umgesetzten Lernlandschaft-Versuch, der jüngst durch den Lehrerverband (LVB) in Kritik und in die Schlagzeilen geraten ist, unter anderen Voraussetzungen umsetzen.
«Mit solchen von oben verordneten Reformen ist das Fuder überladen», begründet die federführende Landrätin Regina Werthmüller (Grüne) den Vorstoss, den sie heute einreichen wird. Die Gymnastik- und Musikpädagogin aus Sissach, die selber mit einem Lehrer verheiratet ist, hat in der Bildungslandschaft die Ohren offen: «Viele erfahrene und erfolgreiche Lehrpersonen stehen diesem Grossraumvorhaben ablehnend gegenüber», schreibt sie auch vor dem Hintergrund, dass solche «exotischen Experimente» mit niveauübergreifendem Unterricht in Basel im Rahmen der OS und der WBS gescheitert sind.


Schwache Schüler mit Problemen
Die Motion ist auch ein Postulat, das Altbewährte nicht kampflos aufzugeben: «In einer Zeit der Reizüberflutung und der Unruhe stellt das herkömm­liche Klassenzimmer für viele Jugend­liche einen wichtigen, vielleicht einzigen Ruhepol dar», schreibt sie. Gemäss Ausführungen von Werthmüller liegen mehrere Rückmeldungen von beteiligten Lehrpersonen auch aus Pratteln vor, demzufolge die Lernziele in Lernlandschaften insbesondere bei schwächeren Schülern nicht erreicht werden.
Der getreue Streiter an der Seite von Noch-Bildungsdirektor Urs Wüthrich, Schulleiter Thomas von Felten in Pratteln, schluckt leer: «Ich muss den Vorstoss so zur Kenntnis nehmen. Die Lehrer, die sich hier in Pratteln Lernlandschaften wünschten, kommen in eine prekäre Situation.» Offenbar sei es schwierig, in der neuen politischen Kons­tellation ein Schulentwicklungsprogramm voranzutreiben, sagt von Felten. Zudem erschliesst sich dem Präsidenten der Schulleitungskonferenz nicht, dass ein ähnliches Lernlandschafts-Modell den schweizerischen Schulpreis erhalten kann, aber im Baselbiet auf der Abschussliste steht. Schulpflegepräsidentin Elisabeth Schiltknecht kann nicht verstehen, dass das Projekt in Pratteln als Vorlage für die Motion herbeigezogen wird. «Wer zu uns auf Besuch kommt, sieht, dass nie mehr als eine Klasse in der Lernlandschaft arbeitet.» Schiltknechts Darstellung gemäss ist demnach die Lernlandschaft in Pratteln nichts mehr als ein ausgelagerter Gruppenraum für eine Schulklasse.
Gschwind fürchtet hohe Kosten
Hoffnung, dass sich die künftige Bildungsdirektorin für Lernlandschaften einsetzen wird, kann sich von Felten kaum machen: «Ich werde diese Motion gerne entgegennehmen und hoffe auch, dass sie überwiesen wird», sagt die frisch gewählte Bildungsdirektorin Monica Gschwind, die im Juni das Regierungsamt übernehmen wird.
Selber steht sie Lernlandschaften skeptisch gegenüber. «Ich setze vor allem ein Fragezeichen, ob schwächere Schüler in Lernlandschaften gefördert werden und nicht vielmehr durch die Maschen fallen.» Im Weiteren hat sich die Bildungsdirektorin auch mit Konzepten auseinandergesetzt, die den vermehrten Einsatz von Heilpädagogen für schwächere Schüler postulieren. «So wird der Bedarf an Heilpädagogen nochmals steigen, was nicht wünschenswert ist», sagt Gschwind nicht zuletzt aufgrund der negativen finanziellen Konsequenzen für den Kanton.


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