22. März 2015

Weiterbildung führt nicht zu Lehrberechtigung

Zahlreiche Sekundarlehrkräfte gehen davon aus, dass sie mit einem Weiterbildungskurs in Natur und Technik eine Lehrberechtigung für Biologie, Chemie und Physik erwerben können. Doch dem ist nicht so: Die 26,5 Samstage fachdidaktische Weiterbildung in Natur und Technik an der Pädagogischen Hochschule (PH) der Fachhochschule Nordwestschweiz reichen nicht, um künftig alle drei naturwissenschaftlichen Fächer im Rahmen des Lehrplans 21 unterrichten zu können. «Der Kurs führt nicht zu einer Lehrberechtigung», stellte gestern Christian Irgl, Leiter der Kommunikationsstelle der PH, klar, nachdem die BaZ nachgefragt hatte.
Sek-Lehrer werden mit Harmos-Geldern gelockt, Basler Zeitung, 21.3. von Thomas Dähler


Doch die Baselbieter Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) hat die Biologie-, Chemie- und Physiklehrer an den Sekundarschulen ausdrücklich dazu aufgefordert, sich an der Pädagogischen Hochschule für den Weiterbildungskurs «Fachdidaktik Natur und Technik» anzumelden. Der Kanton Baselland kommt auch als einziger Kanton für die Kurskosten von 11 300 Franken pro Person auf.

Zusatzkredit für Harmos
Entnommen werden die Kursgelder einem Zusatzkredit für die Bildungsharmonisierung, den die BKSD im vergangenen Dezember für die Umsetzung der Bildungsharmonisierung bereitgestellt hat. Weshalb die BKSD die Kurse finanziert, obwohl damit keine Lehrberechtigung zu erwerben ist, konnte der BaZ gestern Vormittag bei der BKSD niemand erklären. Dazu sei man erst nächste Woche in der Lage.
Dass sich viele Baselbieter Sekundarlehrerinnen und Sekundarlehrer genötigt fühlen, die samstäglichen Kurse auf sich zu nehmen, hat seinen Grund: Der Lehrplan 21 führt die Fächer Biologie, Chemie und Physik als Sammelfach unter dem Begriff Natur und Technik. Die Lehrer befürchten, dass künftig nur noch Kollegen für den Unterricht der Fächer Biologie, Chemie und Physik berücksichtigt werden, die alle drei Fächer unterrichten können. Die Aufforderung der BKSD, mit dem Weiterbildungskurs der PH ein Certificate of Advanced Studies (CAS) zu erwerben, hat deshalb für helle Aufregung gesorgt, wie Baselbieter Sekundarlehrer bestätigen.
Doch das CAS Fachdidaktik Natur und Technik ist nach Auskunft von Christian Irgl von der Kommunikationsstelle der PH lediglich eine Zusatzausbildung, die Lehrkräfte auf den Volksschulstufen Kindergarten, Primarstufe und Sekundarstufe I dabei unterstützt, integrierten Unterricht im Bereich Natur und Technik zu gestalten. Zu einer Lehrberechtigung führt der Kurs aber nicht. Eine Lehrberechtigung für ein zusätzliches Fach erfordert ein Facherweiterungsstudium. Lehrkräfte mit drei Jahren Praxis auf der Sekundarstufe I müssen dabei pro Zusatzfach mindestens 30 ECTS-Punkte erwerben. Das mit dem Weiterbildungskurs verbundene Zertifikat erfordert pro Fach aber lediglich fünf ECTS-Punkte.
Wenn die BKSD Harmos-Gelder in Weiterbildungskurse investiert, hat dies eine gewisse Brisanz. Die Schulleitungen könnten dazu neigen, im Hinblick auf die Einführung des Lehrplans 21 Lehrkräfte mit dem Unterricht in Biologie, Chemie oder Physik zu betrauen, die über gar keine Lehrberechtigung im einzelnen Fach verfügen. Bestätigt wäre damit der Vorwurf des Komitees Starke Schule Baselland, in den Sammelfächern würden Lehrer mit einer Schnellbleiche eingesetzt. Im Landrat ist eine parlamentarische Initiative hängig, mit der Sammelfächer wie Natur und Technik explizit verhindert werden sollen.

Keine verkürzte Ausbildung
Eine auf die Sammelfächer fokussierte verkürzte Sekundarlehrerausbildung kommt für die PH jedoch nicht infrage. Die PH ist verpflichtet, Lehrerausbildungen anzubieten, die in der gesamten Deutschschweiz Anerkennung finden. Bereits letzte Woche stellte die PH auf Anfrage klar, dass es unvorstellbar sei, dass künftig Fächerkombinationen gesamthaft im gleichen Umfang wie heute ein einzelnes Fach studiert werden könnten. In Anbetracht der unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Kantonen sei davon auszugehen, dass es für den Unterricht an Sekundarschulen auch in Zukunft Lehrberechtigungen in den heute bestehenden Fächern brauche. Selbst wenn künftig tatsächlich Natur und Technik in den Baselbieter Stundenplänen steht, dürften weiterhin verschiedene Lehrkräfte die einzelnen Teilfächer unterrichten.


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