14. Juni 2015

LCH will Klärung der Fremdsprachenfrage

An ihrer Versammlung am Samstag in Biel haben die Delegierten des Dachverbandes der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) verlangt, dass die Fremdsprachensituation in der Schweiz geklärt wird. Schaffen dies die Erziehungsdirektoren nicht, soll gemäss LCH der Bund das Ruder übernehmen.


LCH-Delegierte wollen mehr Lektionen für Primarfranzösisch - dieses Fach dürfe aber nicht übertrittsrelevant sein, Bild: Peter Schneider
Was die Lehrer im Sprachenstreit verlangen, Berner Zeitung, 13.6.

Obwohl die Bundesverfassung eine Harmonisierung des Schulwesens in wichtigen Bereichen verlange, sei eine solche beim Sprachenunterricht nicht erreicht, kritisieren die Delegierten. Es gebe nach wie vor kantonale Sonderlösungen einerseits, und andererseits fehlten die notwendigen Bedingungen für einen erfolgreichen Fremdsprachenunterricht, halten sie in einer Resolution fest.
Der Sprachenstreit schwelt seit längerem. In mehreren Deutschschweizer Kantonen laufen Bestrebungen, auf Primarstufe nur noch eine Fremdsprache zu unterrichten. Vor allem in der Westschweiz ist die Empörung gross, weil in gewissen Kantonen allenfalls der Französischunterricht auf die Oberstufe verschoben werden könnte.
Votum fürs Frühfranzösisch
LCH spricht sich seit letztem Herbst ebenfalls für eine Fremdsprache in der Primarschule aus. Grund dafür sind fehlende Voraussetzungen für zwei Frühfremdsprachen, vor allem weil viele Kantone im Bildungsbereich sparen. Priorität hat für LCH Frühfranzösisch, denn eine Landessprache sei mehr als eine Fremdsprache. Die zweite Fremdsprache könne als Wahlpflichtfach unterrichtet werden.
Um Kindern und ihren unterschiedlichen Fähigkeiten gerecht zu werden, brauche es noch weitere Bedingungen für einen erfolgreichen Fremdsprachenunterricht, etwa mehr Lektionen für die Fremdsprache. Zudem dürfe Französisch als erste Fremdsprache in der Primarschule für den Sek-Übertritt nicht notenrelevant sein, heisst es in der Resolution.
Lust statt Frust an der Sprache
«Aus dem ursprünglich spielerischen und notenfreien Sprachenlernen im Frühfranzösisch-Unterricht wurde in der deutschen Schweiz vielerorts ein Promotionsfach für den Übertritt in die Sekundarstufe», kritisieren die LCH-Delegierten.
Dadurch seien die einfacher prüf- und belegbare Grammatik, die Orthographie und der systematische Aufbau des Vokabulars bevorzugt worden, was nicht altersgerecht sei. LCH fordert aber auch, dass die zweite Landessprache in der Sekundarschule nicht abgewählt werden dürfe, wie dies derzeit in vielen Kantonen der Fall sei.
Schule als Gesamtes wahrnehmen
Zu den Erfolgsbedingungen zähle auch die ganzheitliche Entwicklung der Persönlichkeit, «die insbesondere auch die musischen, handwerklichen und gestalterischen Fächer sowie Bewegung und Sport entsprechend berücksichtigt».
Zudem braucht es in den Augen der Lehrer und Lehrerinnen etwa Aus- und Weiterbildung in Mehrsprachendidaktik für die Lehrkräfte oder auch Kultur- und Sprachenaustausch. Doch dafür fehlten heute die Ressourcen.
Da Landessprachen mehr als Fremdsprachen seien, müssten die Kompetenzerwartungen und damit die Lehrpläne für das Lernen der Landessprachen den politischen Zielen angepasst werden, fordern die LCH-Delegierten in ihrer Resolution.
Forderungen an die Adresse der EDK
Die Deutschschweizer Lehrkräfte stehen mit ihren Forderungen nicht alleine da. Sie ziehen mit ihren Westschweizer Kolleginnen und Kollegen (SER) an einem Strang und fordern, dass die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) ihre Anliegen ernst nimmt und berücksichtigt.
Nicht ohne Druck: Sollte die EDK bis Anfang 2016 keine gesamtschweizerische einheitliche Sprachenregelung finden, will LCH, dass der Bund im föderalistisch organisierten Schulsystem das Ruder übernimmt. Der Zeitpunkt kommt nicht von ungefähr: Noch in diesem Jahr muss die EDK die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS) evaluieren und Empfehlungen formulieren.
Gesetzgeberischer Eingriff
Auch der Bundesrat erwartet eine Lösung im Sprachenstreit. Erfüllen die Kantone den verfassungsmässigen Harmonisierungsauftrag nicht, so ist der Bund verpflichtet, die notwendigen Bestimmungen zu erlassen, wie ein Bericht des Bundesamtes für Kultur (BAK) zum Thema festhält. Solange eine Koordination der Kantone erreichbar bleibt, darf der Bund nicht eingreifen. Ob die Voraussetzungen für eine Intervention des Bundes gegeben sind, entscheidet das Parlament.
Als mögliche gesetzliche Regelung schlägt das BAK eine Ergänzung eines Artikels im Sprachengesetz vor, wonach der Unterricht in der zweiten Landessprache auf der Primarstufe beginnt. Diese Lösung lehnt sich gemäss BAK an die HarmoS-Lösung an, ohne die Einstiegsfremdsprache, die Reihenfolge und ein bestimmtes Schuljahr für den Beginn des jeweiligen Fremdsprachenunterrichts festzulegen. Die Handlungsfreiheit der Kantone bliebe damit gewahrt.


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