23. Februar 2016

Lehrplan 21: Gesinnungssoldaten für Untertanenideologie

«Weshalb schreibst du ein Drehbuch über dieses Arschloch, das anderen ihre Ideen geklaut und von ­Billigarbeitern in China profitiert hat?» Aaron Sorkin blieb jedoch dabei, schrieb «Steve Jobs» und zeigte: Eine grosse Karriere ist, wenn man nichts kann. Steve Jobs war weder Ingenieur, Designer – noch schloss er jemals ein «anständiges» Studium ab. Weit entfernt davon, den soziopathischen Despoten als ­Rollenmodell für künftige ­Generationen zu ­propagieren, erinnerte ich mich bei den Verlautbarungen rund um die Hearings zum unsäglichen Lehrplan 21 wieder an Sorkin und Steve Jobs.
Verkaufe Bildung, biete Dummheit, Basler Zeitung, 23.2. von Regula Stämpfli


Die Offenheit der 1980er- und 1990er-Jahre, damals als der Kapitalismus noch nicht totalitär alle Lebens- und Bildungsbereiche umfasste, durfte das Genie Jobs an seiner Uni rumlungern und Kalligrafie statt Betriebs­wirtschaft studieren. Jobs wurde während seiner High School auch nicht auf «Benehmen» geprüft, wie im schweizerischen Lehrplan vorgesehen.

Die Notenbanker des Hirns – unglaublicherweise auch unter sozialdemokratischer Führung – ­wollen künftigjunge Menschenleben vermessen, wägen, aussortieren (!), als Waren so ­normieren,damit sie dem «Bildungswettbewerb» entsprechen. Allein den Lehrplan 21 lesen schreit nach Notfalldrogen. Die Lehrer sollen künftig ­beurteilen, wie «Gefühle situations­bedingt ­ausgedrückt und wahrgenommen ­werden» oder ob die Schüler den Richtlinien gemäss «­Konflikte benennen» können.

War bei Steve Jobs die Voraussetzung von lesen, schreiben (mit Legasthenie) und rechnen die beste Grundlage, sein – zugegebenermassen schwieriges, aber doch zukunftsweisendes – Genie zu entwickeln, sollen in der Schweiz mit dem Lehrplan 21 Gesinnungssoldaten für ­kostensparende Untertanenideologie aufgezogen werden. Was ist eigentlich los mit den ­Bildungs­politikern in diesem Land? Könnte es sein, dass ausgerechnet die verdrucksten Streber, die, die einem schon damals nie richtig in die Augen schauen konnten, nun am Drücker sind und sich an allen künftigen Generationen für ­ihre eigene verdammte und unerträgliche Mittel­mässigkeit rächen?

«Professionalisierung durch schulinterne Qualitätsentwicklung» nennt sich das ­bildungs­politische Börsensprech. «Mit der Kompetenz­orientierung und dem zunehmenden Bildungswettbewerb steigen die fachlichen Ansprüche an pädagogisch, aber auch juristisch valide Beurteilung, unter anderem weil die zu erreichenden Kompetenzen beschrieben sind und vermehrt auch von Eltern und deren Anwälten überprüft werden können.»

Wörter richten Unheil an, das wissen wir ­spätestens seit den Nazis und den Sowjets. Der Lehrplan 21 ist das sinnentleerte Endprodukt ­börsenvergifteter Herrschaftsformen. Und wie bei jeder neuen Machtergreifung sollen einmal mehr Lehrer und Beamte die Speerspitze obrigkeits­höriger Kompatibilität vormachen. Glücklicherweise können wir nun – nicht zuletzt dank neuer Technologien – diese Gestalten des Unglücks noch bremsen.


Ein erster Schritt besteht darin, diese bildungs­politische Aktienmentalität so zu ­dekonstruieren, dass sie im laufenden 21. Jahrhundert nur noch als hässliches Souvenir einer absterbenden Ideologie im Museum ­aufbewahrt wird. Ja klar: Die Vitrine wird ein Papierkorb sein.

1 Kommentar:

  1. Das Schärfste und Bissigste, das ich bisher zum LP21 gelesen habe. Wo Stämpfli stampft, wächst kein Gras mehr.

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