10. April 2016

"Das geht nicht"

Die Händedruckstory von Therwil handelt von einem kleinen Kulturschock. Für uns ist es doch keine Frage, ob Schüler der Lehrerin die Hand geben sollen. Das steht in keinem Gesetz. Wir nennen das Anstand.
Schüler gewinnen gegen Lehrer, Basler Zeitung, 9.4. von Helmut Hubacher


Dass die Lehrerschaft perplex war und ­hilflos auf die ­Verweigerung reagierte, kann ich gut nachvoll­ziehen. Das wäre den meisten gleich ergangen. Flüchtlinge aus Syrien bringen unbekannte Lebensgewohnheiten mit in die Schweiz. ­Umgekehrt ist unsere Art zu leben für sie genauso fremd. Deshalb gestaltet sich das Zusammenleben schwieriger als mit unseren Nachbarn in Italien.

Die Familie der zwei Buben ist aus Syrien in die Schweiz geflüchtet. Aus der Hölle des ­Bürgerkriegselends in das friedliche Land. Es muss ihr wie das Paradies vorkommen. ­Entsprechend dankbar wird die Familie sein. Ich stelle mir das wenigstens vor.
Wieso um Himmels willen brüskieren denn die zwei 14- und 15-Jährigen ihre Lehrerin? Der Vater will es so. Weil für ihn als Muslim die Frau minderwertig ist. Das erleben die beiden wohl daheim täglich live.

Deshalb ist es falsch, was ihnen die Schul­leitung erlaubt: «Wir haben die Diskriminierung der Lehrerin beendet. Indem die beiden Buben fortan auch dem Lehrer nicht mehr die Hand geben müssen.» Diese «Lösung» nennt sich Kompromiss. Damit werde der Unterricht «reibungslos» ­fortgesetzt, erfahren wir. Das ist aber kein ­Kompromiss, da wurde einfach nachgegeben. Die Buben haben gewonnen. Leider.

Die neue Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind hat den Kompromiss akzeptiert. Allerdings nicht als dauerhafte Lösung. Was heisst das? «Wir sind dran», erklärt sie, das zu klären. Mit einem Gutachten. Gesucht wird eine Regelung für alle Schulen.

Das Gutachten kann sich Frau Gschwind ersparen. Ein Telefon nach Schaffhausen genügt. Dort ist ihr Parteikollege Christian Amsler, ­Vorsteher des Erziehungsdepartements. Für ihn ist der Fall klar: «Es ist inakzeptabel, den ­Händedruck zu verweigern. Aus meiner Sicht gibt es ­keinen Verhandlungsspielraum.» So ist es.

Für das erwähnte Gutachten genügen drei Worte: «Das geht nicht.» Gelegentlich müssten sich Exekutivmitglieder daran erinnern, weshalb sie gewählt worden sind. Nämlich um zu ­regieren. Um relativ einfache Fragen zu ­entscheiden. Dazu gehört der Händedruck.

Woher auch immer Flüchtlinge aufgenommen werden, an minimale Gewohnheiten unserer Gesellschaft sollen sie herangeführt werden und an diese Gewohnheiten haben sie sich zu halten. Wir benötigen weder Gutachten noch ­Gerichtsentscheide, ob man sich die Hand geben oder nicht geben muss. Das ist ­einfach so.

Sollte das nicht mehr normal, also bestritten sein, wäre das Klima ­unserer ­Zivilgesellschaft, wäre das Zusammen­leben schwer gestört. Und wäre die Integration gescheitert.

Sicher wird mit den Eltern der Buben geredet. Hoffentlich Klartext. Sollten sie stur bleiben, was nicht auszuschliessen ist, wären ­Massnahmen in Erwägung zu ziehen. Etwa ­Kürzung der ­Sozialleistungen, Drohung, sie gefährden ihren Aufenthalt. In der Hoffnung, sie kämen zur ­Vernunft.

Justizministerin Simonetta Sommaruga hat sich eingemischt: «Das geht nicht.» Wehret den Anfängen. In den Schulen wird einander die Hand gegeben. Basta. Das hätte ich gerne aus ­Liestal gehört.


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