28. August 2016

Kölliker: "Wir haben eine ausgezeichnete Volksschule"

Statt Dutzende Stuhlreihen im grossen Kreuz-Saal reichten ein paar Holztische im Freien: Nur ein Dutzend Leute wollte Regierungsrat Stefan Köllikers Ausführungen zum Harmos-Konkordat hören.

Der St. Galler Erziehungschef Kölliker setzt sich für den Verbleib bei Harmos ein, Bild: Keystone
Köllikers Loblied auf die Schule verhallt fast ungehört, Zürichsee Zeitung, 27.8. von Elvira Jäger
Es hätte ein gigantischer Flop wer­den können: Da laden sämt­liche Ortsparteien zu einem Informationsanlass mit dem Bildungsdirektor in den Stadtsaal ein – und dann bleiben die Vorstandsmitglieder und die Pressevertreter unter sich. Draus­sen fahren sie auf Velos der Jona entlang, die ­Väter und Mütter mit ihren Kindern. Für die Zukunft der Schule, für die Frage, ob St. Gallen aus dem Harmos-Konkordat aus­treten soll, interessieren sie sich an diesem Spätsommerabend offen­sichtlich kein bisschen. Doch Regierungsrat Stefan Kölliker (SVP) und Stadtrat Thomas ­Rüegg (FDP) lassen sich nicht verdriessen. Kurzerhand verlegen sie die Informationsveranstaltung auf die Terrasse, wo sich die Runde an Holztischen unter einem Sonnenschirm wiederfindet. Kölliker hält seine vorbereitete Rede im locke­ren Rahmen, die Hälfte des anderthalbstündigen Abends ist für Fragen und Diskussionen reser­viert.

Vom Gegner zum Befürworter
Gekommen ist der Bildungs­direktor, um über die Initia­tive des Vereins Starke Volksschule zu sprechen, die einen Aus­tritt aus dem Harmos-Konkordat fordert. Dass Kölliker das Begehren vehement ablehnt, ist nicht ganz selbstverständlich. Das Konkordat, das für Durchlässigkeit im föde­ralistischen Schweizer Schulsystem sorgt und die Mobilität von Familien und Lehrpersonen erleichtern will, sei eine gute ­Sache, findet Kölliker heute. Er verhehlt jedoch nicht, dass er vor acht Jahren, als es um den St. Galler Beitritt zu Harmos ging, noch dagegen war. Die Bestimmungen zu Tagesstrukturen und Blockzeiten hätten in seinen Augen damals das Fuder überladen, sagt er. Doch St. Gallen habe das Ganze pragmatisch umgesetzt. «Mein Vorgänger Hans-Ulrich Stöck­ling hat gute Arbeit geleistet.» Mit seinem Nein zur Initia­tive setzt sich Kölliker auch von seiner Partei ab, hat die SVP-Fraktion doch 2014 eine Motion ins Kantonsparlament eingebracht, in der sie den Aus­tritt aus Harmos forderte. Er werde nächste Woche an der Delegiertenversammlung einen Auftritt haben, verrät Kölliker. «Lassen wir mal offen, wie die Partei entscheiden wird.» Regierung und Kantonsrat lehnen den Aus­tritt ab.

Kölliker wirft den Initianten vor, dass sie den Kampf gegen das Harmos-Konkordat missbrauchen, um die St. Galler Volksschule permanent schlechtzu­reden. «Sie wollen das Rad zurückdrehen, dabei haben wir eine ausgezeichnete Volksschule.» Bei einem Ja zur Initia­tive befürchtet Kölliker weitere Angriffe, vor ­allem in der Fremdsprachen­frage. Erklärtes Ziel der Harmos-Gegner ist es, den Französischunterricht aus der Primarschule zu verbannen und den Lehrplan 21 zu verhindern. Dabei, so sagt Kölliker, gebe es in St. Gallen – anders als in anderen Kantonen – mit all dem gar keine Probleme. So seien 80 Prozent der Kinder im Französischunterricht gut unterwegs. Und die Lehrpersonen seien ­geradezu begeistert vom neuen Lehrplan, das spüre er in den Einführungs­veranstaltungen immer wieder.

«Unsere Schule ist lässig»

Der SVP-Regierungsrat hält die Initiative für gefährlich, weil sie ein austariertes System zum Einsturz bringen könnte. Ein Harmos-Austritt lade den Bund geradezu ein, seine Drohung wahr zu machen, in wichtigen Bildungsfragen künftig das Heft vermehrt in die eigenen Hände zu nehmen und den Kantonen Vorschriften zu machen. Solche aber braucht St. Gallen nicht, wenn es nach Kölliker geht. Der Kanton sei im Bildungswesen mit an der Spitze, sagt er. Das zeigten Leistungs­vergleiche auf allen Schulstufen. Zu guter Letzt führte der Regierungsrat seine drei schulpflich­tigen Kinder als Zeugen an. Als er denen erzählt habe, dass es Leute gebe, welche die Schule schlecht fänden, hätten sie unisono geantwortet: «Papi, geh zu diesen Leuten und sag denen, unsere Schule sei super und lässig.» 

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