24. August 2016

Zumikon stoppt altersdurchmischtes Lernen

Nach jahrelangen Querelen mit Teilen der Elternschaft gibt die Schulpflege das Modell des altersdurchmischten Lernens auf.
Die Schule Zumikon kehrt zu Jahrgangsklassen zurück, NZZ, 24.8. von Walter Bernet


Nach wie vor steht der grösste Teil der Zumiker Lehrerschaft hinter dem altersdurchmischten Lernen. Trotzdem gibt die Schulpflege das Modell nächstes Jahr auf. Die fehlende Akzeptanz in der Gemeinde ist ein wichtiger, aber nicht der einzige Grund.

Resignation sei es nicht, die zu diesem Entscheid geführt habe, sagt Schulpflegepräsident Andreas Hugi (fdp.). Man habe einfach die Konsequenzen aus einer gründlichen Analyse gezogen und nach sechs Jahren beschlossen, das Modell des altersdurchmischten Lernens (AdL) in der Schule Zumikon wieder aufzugeben. Dem kühlen Entscheid vorausgegangen waren harte Jahre heisser Auseinandersetzungen mit Teilen der Elternschaft und anderen Einwohnern der Gemeinde. Über 1000 Personen hatten 2014 in einer Petition die Rückkehr zu Jahrgangsklassen gefordert. Im Herbst kündigte darauf die Schulpflege zwar den baldigen Abgang der Schulleiterin an, aber auch das Festhalten am kritisierten Schulmodell.

Spürbarer Spardruck
Mit dem Amtsantritt des neuen Schulleiters Philipp Apafi im Mai des letzten Jahres ist ein Prozess der internen und externen Evaluation in Gang gesetzt worden, der nun zum einstimmigen, vom Schulleiter mitgetragenen Entscheid der Schulpflege für die Rückkehr zu Jahrgangsklassen geführt hat. Ab August 2017 sollen die Unter- und Mittelstufenklassen der Schule wieder als Jahrgangsklassen geführt werden. Drei Hauptkriterien seien in der breiten Auslegeordnung beurteilt worden, sagt Hugi. Über die Unterrichtsqualität, so habe sich gezeigt, entscheide nicht die Organisationsform einer Schule. Gute Ergebnisse seien mit beiden Modellen zu erreichen. Den Ausschlag hätten deshalb die beiden andern Kriterien gegeben.

Erstens habe das AdL-Modell in den letzten Jahren zu immer grösseren organisatorischen und logistischen Problemen geführt. Die Stundenplan- und Pensengestaltung im Fremdsprachen- und Fachunterricht sei komplizierter, die Verhandlungen mit dem Kanton über die Zuweisung von Stellenprozenten seien härter geworden. Noch vor sechs Jahren habe man vom Volksschulamt mehr Unterstützung erlebt. Die anspruchsvolle Unterrichtsformerfordere eine engere Begleitung der Lehrkräfte mit Weiterbildungen. Das alles werde in Zeiten des Spardrucks noch schwieriger. Und zweitens sei es in den letzten Jahren nicht gelungen, für AdL die Akzeptanz der Eltern zu gewinnen. Eine Befragung habe gezeigt, dass die Zumiker zwar Vertrauen in die Schule und die Lehrer hätten, nicht aber in das bestehende Schulmodell.

Zumikons Elternschaft ist fordernd und gilt nicht als besonders pflegeleicht. Viele Eltern erwarten, dass ihre Kinder den Sprung ins Gymnasium schaffen. Dass mit dem Entscheid nun längerfristig Ruhe im Dorf einkehrt, scheint nicht zu den primären Erwartungen Hugis zu gehören. Hingegen betont er, dass der Beschluss der Schulpflege nicht die Rückkehr auf Feld 1 bedeute. Es gehe darum, die Schule weiterzuentwickeln. Bereits im September wird dieser Prozess in Angriff genommen.

Dazu gehören auch Einzelgespräche mit den Lehrkräften über ihre künftigen Rollen im Team. Der Entscheid sei von diesen kritisch, aber auch konstruktiv aufgenommen worden. Gerne würde Hugi mit dem ganzen bisherigen Team zusammenarbeiten. Aber jeder und jede Einzelne müsse in den nächsten Monaten mit sich selber ausmachen, ob die Zukunft in Zumikon liege.

Gute Erfahrungen mitnehmen
Auch Hugi selber schmerzt der Entscheid. Sein Wunsch ist, dass all die positiven Erfahrungen aus den letzten Jahren mitgenommen werden in die neue Ära. Dazu zählt er namentlich den starken Fokus auf soziale Kompetenzen wie Selbstverantwortung und Lernkompetenz, aber auch die ausgezeichnete Zusammenarbeit in den Stufenteams und die jahrgangsübergreifenden Projekte, zu denen sich die Schulpflege explizit bekennt. Eine Chance des Jahrgangsklassenmodells sei die Stärkung der Rolle starker, prägender Lehrerfiguren.


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