17. Oktober 2016

L'école c'est moi!

Frau Katja Christ, Basler Grossrätin und Präsidentin der GLP BS, wunderte sich unlängst in der BaZ: «Wo bleibt die Debatte zur Bildungsreform?»
Die Antwort auf ihre Frage findet sich in der neusten Publikation auf der Homepage der Starken Schule Baselland. Unter dem Titel «Eymann sind bikantonale Bildungsdiskussionen ein Dorn im Auge» schreiben die Verfasser wörtlich: «Regierungsrat Christoph Eymann war als leitendes Mitglied der EDK einer der Hauptverantwortlichen für diese ganzen Umstrukturierungen (gemeint ist im weitesten Sinne ­«Harmos» beziehungsweise dessen ­Folgen – Anm. des Verfassers). Mit Kritik oder abweichenden Meinungen hat er besonders Mühe. In diesem Zusammenhang ­können bei ihm schon einmal Anstand und Fairness auf der Strecke bleiben. So schreckt er beispielsweise nicht zurück, die Wissenschaftlerin Simone Pfenninger (Universität Zürich), die kürzlich eine fundierte Studie zum Fremdspracherwerb publiziert hatte, öffentlich zu desavouieren, nur weil ihm ihre Resultate nicht ins Konzept passten.»
L'école c'est moi! Basler Zeitung, 17.10. von Daniel Vuilliomenet

Et voilà! Christoph Eymann gefällt sein Platz an der Sonne als Departements- und EDK-Regent und er befindet sich dabei in guter Gesellschaft mit anderen sonnenbeschienenen Bildungs­reformern: L’école c’est moi! Auch ich hatte das Vergnügen, in ­seinem vor längerer Zeit an mich persönlich adressierten Schreiben das Wort «dumm» entgegennehmen zu müssen. Dies als Reaktion auf meinen im Vorfeld veröffentlichten BaZ-Leserbrief, in dem ich zu bedenken gab, die vier am Bildungsraum Nordwestschweiz beteiligten Kantone hätten das meines Erachtens bewährte System 5/4 nicht so leichtfertig über Bord werfen müssen und dessen Weiterführung (AG + BL) beziehungsweise Neueinführung (BS + SO) prüfen sollen (siehe Tessin). Gewisse Entwicklungen im neu eingeführten System 6/3 belegen inzwischen bereits meinen damaligen Einwand.

Gegen eine Schule im Wandel ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Auch ohne Lehrplan 21 und Sammel­fächer wird heute anders unterrichtet als noch vor 50 Jahren, als ich zur Schule ging. Neu aber ist, dass Reformbemühte den Ist-Zustand der Schulen beharrlich und mit System schlecht­reden. Lehrpläne im herkömmlichen Sinn sollen der Vergangenheit angehören – Lern- und Lehrziele müssen kompetenzorientiert formuliert sein. Einzelfächer wie Geschichte und Geografie beziehungsweise Biologie, Chemie und Physik sind out – Vernetzung braucht das Bildungsland Schweiz. Fremd­sprachenlernen ab der Sekundarstufe 1 ist jenseits – es gilt: je früher und je mehr, desto besser. Grammatik und Wortschatz bei Fremdsprachen sind passé – all das ergibt sich von selbst. Und Lernstoff erklärt zu bekommen, ist sowieso antiquiert – die moderne Schülerinnen- und Schülergeneration entdeckt vor allem selber, Internet sei Dank. Was sind da schon 5000 Jahre Wissenschafts- und Kulturgeschichte? Ein Klacks!


Widerspruch wird nicht toleriert – ein Zeichen starker Führung. Allerdings: Wie lange werden sich Eltern aktuell und künftig betroffener ­Schülergenerationen ein solches ­Gebaren noch gefallen lassen? Zum Glück gibt es im benachbarten Baselbiet mehr ­Diskussionen und auch Abstimmungen – sehr zum Missfallen aller von Gottes Gnaden berufenen Reformerinnen und Reformern.

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