7. Dezember 2016

Zu früh gejubelt

Kurz nachdem die PISA-Resultate gestern bekannt gegeben wurde, jubelte es durch die Medien: Schweizer Schüler Europameister im Rechnen. Mit ein wenig Abstand können wir die Resultate nun etwas nüchterner beurteilen. 

Zu früh gejubelt, Kommentar von Urs Kalberer, 7.12.

So lässt sich z.B. erkennen, dass die Resultate im Lesen seit Beginn des Testens noch nie so schwach waren. Unklar dabei ist, wie stark die veränderte Methode (computerbasiert statt Papier) Einfluss auf das Ergebnis hat. In einer ersten Reaktion zeigten sich sowohl die Bildungselite (EDK und Bildungsforschung) wie auch der LCH empört: Da könne es nicht mit rechten Dingen zugehen. Bildungsforscher Urs Moser meint, das Lesen ab Computer bevorteile erfahrungsgemäss die Knaben. Wenn dem so wäre, dann müsste man erst recht alarmiert sein (siehe Tabelle oben).

Auch der "Europameistertitel im Rechnen" steht auf wackligen Beinen: Effektiv ist die Schweiz auch hier ein paar Ränge abgerutscht. Offenbar hat sie davon profitiert, dass andere Länder noch in grösserem Umfang abfielen.

Im Vordergrund steht nun aber das Getöse um die offenbar unfaire Methode. Jeder weiss, dass eine Beteiligung an PISA viele Fragwürdigkeiten mit sich bringt. Da werden Länder mit sehr unterschiedlichen Lehrplänen miteinander verglichen, die Geheimniskrämerei der OECD ist störend und die Aufgabenauswahl steht in der Kritik. Doch anstatt die seit 16 Jahren enttäuschenden Lesefähigkeiten (im Durchschnitt der OECD) endlich anzupacken, wird abgelenkt mit Methodenkritik und der Schwarze Peter an die OECD zurückgespielt. 

Ein weiterer Punkt sticht ins Auge: Der Anteil der schwächsten Schüler. Dieser ist in allen drei untersuchten Bereichen angestiegen. 

Eine ehrliche Bildungspolitik würde sich entscheiden zwischen zwei klaren Haltungen: Austritt aus PISA oder weitermachen. Mitmachen und gleichzeitig kritisieren geht nicht. 

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