12. September 2017

Digitalisierung der Bildung - Segen oder Fluch?

Seit einigen Monaten wird viel über die Digitalisierung unserer Schulen geschrieben. Im Beobachter vom 20. August konnte man lesen, dass es nun endlich höchste Zeit sei für die digitale Revolution an unseren Schulen. Das Lernen werde so leichter und lustiger. In Zürich werden ganze Schulhäuser digital aufgerüstet. Millionen werden in die Anschaffung von teuren Geräten gesteckt. Auch im Kanton Graubünden ist das Thema aktuell. Beispielsweise planen zehn Gemeinden im Engadin, die Modellregion des Kantons im Bereich der Ausbildung von Informatik- und Medienkompetenzen zu werden.
Digitalisierung der Bildung - Segen oder Fluch? Südostschweiz, 11.9. Leserbrief von Elisabeth Calcagnini


Das alles hat zu tun mit dem Lehrplan 21, der das neue Fach «Informatik und Medien» mit sich bringt. Mehr Kompetenzen - weniger Wissen, diese Idee des Lehrplans 21 wird bereits in einigen Kantonen vorangetrieben. Wir verabschieden uns damit vom traditionellen Bildungskanon und bauen vermehrt auf das Netz, das uns die gewünschten Informationen mit einem Mausklick beschert. Doch garantiert vermehrte Nutzung digitaler Medien nicht per se bessere Schülerleistungen und Computer machen uns nicht wirklich schlauer. Auch brauche es für einen guten Informatikunterricht nicht für jedes Kind ein iPad, so Juraj Hromkovic, Professor an der ETH für Informationstechnologie und Ausbildung im TA vom 19.8., «ein Heft, ein Stift und der Zugang zu einem Computerzimmer pro Schule würde genügen.» Nach wie vor ist das im eigenen Kopf gespeicherte Wissen um vieles nützlicher und verhilft zum Verständnis von Zusammenhängen. Denn auch Googeln ist auf solides Vorwissen angewiesen, sonst bleibt wenig bis nichts hängen.


Alarmieren und aufhorchen lassen sollte uns auch ein kürzlich in der NZZ am Sonntag erschienener Artikel von Anja Burri. Sie formulierte im Untertitel: «Die Volksschule in der Schweiz gilt als unantastbar. Doch damit könnte bald Schluss sein. Private Firmen betreiben öffentliche Schulen. Und globale Technologie-Konzerne wie Google wittern das grosse Geschäft mit der Digitalisierung.» Dass es dabei um sehr viel Geld geht, zeigen die Schätzungen der Bank Julius Bär, die den Umsatz des globalen Bildungsmarktes auf ungefähr 7800 Milliarden Dollar jährlich beziffern. Keine Kleinigkeit! Diese Entwicklung wird auch vor der Schweiz nicht Halt machen. Die grossen gewinnorientierten Bildungskonzerne drängen in die öffentlichen Schulen und erhalten auch vermehrt Zugang. Doch die öffentliche Bildung darf nicht zu einer privaten Geldquelle verkommen. Ganz abgesehen von der Gefahr, dass die Demokratie in Bildungsfragen längerfristig ausgehebelt wird. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen