14. September 2017

Fremdspracheninitiative spaltet Lehrerschaft

Die Abstimmung über die Luzerner Fremdspracheninitiative spaltet die Lehrerschaft. Zwei Lehrerinnen äussern sich kontradiktorisch.
Sind zwei Fremdsprachen in der Primarschule zu viel? Luzerner Zeitung, 13.9.


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PRO
Die Fremdsprachen-Initiative will die Primarstufe entlasten und die zweite Fremdsprache auf die Sekundarstufe verschieben. Die Initiative richtet sich nicht gegen die Mehrsprachigkeit. Unsere Kinder sollen während der Volksschule zwei Fremdsprachen lernen und nach neun Schuljahren beide Sprachen in gleicher Kompetenz beherrschen. So verlangt es das Bundessprachengesetz von den Kantonen. Luzern wird also nicht zur «Insel».

Für die Primarstufe muss Qualität vor Quantität stehen. Die erste Fremdsprache soll basierend auf einer soliden Kenntnis der Muttersprache Deutsch gefestigt werden, bevor auf der Sekundarstufe eine weitere Fremdsprache dazukommt. Ob mit Englisch oder Französisch begonnen wird, entscheidet letztlich die Stimmbevölkerung.
Der Sprachenkompromiss von 2004 war ein Fehler auf Kosten der Primarschulkinder. Kinder aber sind wichtiger als politische Kompromisse. Der Mythos vom erfolgreichen frühen Sprachenlernen gilt für den Spracherwerb im Vorschulalter und nicht für den Schulunterricht. Die Initiative will kindergerechteren und erfolgreicheren Fremdsprachenunterricht. Das ist günstiger als die geplanten teuren Nachbesserungen des jetzigen Systems.

Trotz grossem personellem und finanziellem Aufwand wurden die Ziele des Fremdsprachenunterrichts auf der Primarstufe bei weitem nicht erreicht. Kürzlich durchgeführte Erhebungen zeigen vernichtende Resultate. Das beweist deutlich: Das System ist falsch, es braucht eine Korrektur. Die Annahme der Initiative macht es möglich.
Trix Dettling, Buchrain, Lehrerin und alt SP-Kantonsrätin

CONTRA
Vor drei Wochen ist im Kanton Luzern der Lehrplan 21 eingeführt worden. Am 24. September stimmen wir darüber ab, ob ein integrierender Bestandteil dieses Lehrplans – die zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe – gekippt werden soll. Das widerspricht der breit abgestützten Forderung nach mehr Ruhe und weniger Reformen an der Volksschule.
Eine Änderung zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht angebracht. Umso mehr, als es sich bei den zwei Fremdsprachen auf Primar um ein Gebot der Stunde handelt. Die Landessprache Französisch und vor allem die Weltsprache Englisch sind aus dem späteren Berufsalltag unserer Kinder nicht mehr wegzudenken. Sind unsere Schüler denn so viel schlechter als jene in der übrigen Schweiz, dass wir als einziger Kanton eine von zwei Fremdsprachen auf die Oberstufe verlegen müssen? Nein. In der von den Initianten immer wieder zitierten Studie der Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz steht klar: Vier von fünf Schülern fühlen sich in den Fremdsprachen nicht überfordert – und vier von fünf Lehrern sind motiviert, weiterhin zwei Fremdsprachen zu unterrichten. Ausserdem ist wissenschaftlich belegt, dass der Zugang zu einer Fremdsprache besser glückt, wenn die Schüler noch wissbegierig und ungehemmt sind – also im vorpubertären Alter.

Als Lehrerin erlebe ich die Mehrheit der Lernenden als neugierig und wissensdurstig. Haben Sie Vertrauen in unsere Kinder und sagen Sie Nein zu dieser schädlichen Initiative, dann müssen wir auf der Oberstufe auch den Unterricht in Mathematik und Naturwissenschaften nicht reduzieren, um der zweiten Fremdsprache Platz zu machen.
Priska Wismer, Rickenbach, Lehrerin und CVP-Kantonsrätin


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