Die Zahl verbaler und körperlicher Übergriffe auf
Lehrpersonen nimmt in der Schweiz zu. Schuld sei vor allem der fehlende
Respekt, sagen Experten.
Auf junge Lehrkräfte wird grosser Druck ausgeübt, Bild: Patrick Pleul
Aggro-Schüler gehen auf junge Lehrer los, 20 Minuten, 8.5. von D. Krähenbühl und S. Walder
Eine
Berufsschule in Luzern sprach im März 2018 wegen Drohungen gegen Lehrer ein
Hausverbot gegen einen Lehrling aus. Später kehrte der Schüler trotzdem zurück
und schlug auf seinen Lehrer ein. Dieser musste ins Spital, die Schule reichte
Strafanzeige ein. Im Februar 2018 bedrohte ein Schüler in Schaffhausen eine
Lehrperson mit dem Tod. Auch hier wurde die Polizei eingeschaltet und der
Schüler verzeigt. In einem anderen Fall, der sich letzten Herbst in Dietikon
ereignete, verprügelte die Mutter eines Schülers seine Lehrerin – aus Rache,
weil der elfjährige Bub von der Kesb fremdplatziert worden war.
Dass
selbst tätliche Angriffe keine Ausnahmen mehr sind, bestätigt Franziska
Peterhans, Zentralsekretärin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz
(LCH). Gleichzeitig habe die Zahl verbaler Übergriffe zugenommen. Immer wieder
komme es zu Bedrohungen, Beleidigungen, Beschimpfungen oder Mobbing. «Gerade
auf junge Lehrpersonen, die ihre Ausbildung gerade abgeschlossen haben, wird ab
und zu von den Eltern grosser Druck ausgeübt.»
Weniger Respekt
für Lehrer
Als Hauptgrund dafür sieht sie den schwindenden Respekt gegenüber Lehrpersonen. Das habe vor allem gesellschaftliche Gründe: Der Ton und die Sprache in Gesellschaft und Politik sei rauer geworden. «Konflikte eskalieren schneller und werden mit härteren Mitteln ausgetragen.» Per Facebook oder Whatsapp werde heutzutage noch schneller mal eine Drohung ausgesprochen als unter vier Augen. Ausserdem färbe die negative Einstellung einzelner Eltern gegenüber den Lehrpersonen oftmals auf die Kinder ab.
Als Hauptgrund dafür sieht sie den schwindenden Respekt gegenüber Lehrpersonen. Das habe vor allem gesellschaftliche Gründe: Der Ton und die Sprache in Gesellschaft und Politik sei rauer geworden. «Konflikte eskalieren schneller und werden mit härteren Mitteln ausgetragen.» Per Facebook oder Whatsapp werde heutzutage noch schneller mal eine Drohung ausgesprochen als unter vier Augen. Ausserdem färbe die negative Einstellung einzelner Eltern gegenüber den Lehrpersonen oftmals auf die Kinder ab.
Trotzdem
bleibe Gewalt an Lehrern ein Tabuthema. «Aus falscher Scham oder Unsicherheit
melden es die Lehrpersonen oft nicht immer weiter, wenn sie von psychischer
oder physischer Gewalt betroffen sind», sagt Peterhans. Sie betont aber auch,
dass der Grossteil der Eltern Schule und Lehrpersonen positiv gegenübersteht.
Eltern
als Vorbilder
Dass sich die Zahl an Gewalt gegenüber Lehrpersonen häuft, bestätigt auch Roland Amstutz vom Verband Bildung Bern: «Über die letzten drei Jahre ist ein klarer Anstieg an körperlicher Gewalt gegenüber Lehrpersonen zu erkennen.» Vor allem Lehrerinnen würden vermehrt zum Ziel.
Dass sich die Zahl an Gewalt gegenüber Lehrpersonen häuft, bestätigt auch Roland Amstutz vom Verband Bildung Bern: «Über die letzten drei Jahre ist ein klarer Anstieg an körperlicher Gewalt gegenüber Lehrpersonen zu erkennen.» Vor allem Lehrerinnen würden vermehrt zum Ziel.
Besonders
ausgeprägt äussere sich das bei eher jüngeren oder unerfahrenen Lehrerinnen.
«Ein Schüler erlaubt sich mehr, wenn er der Lehrperson körperlich überlegen ist
und diese gleichzeitig nur über wenig Autorität verfügt. Die Gründe für den
fehlenden Respekt sind sehr vielfältig, sagt Amstutz. Möglich sei etwa, dass
der kulturelle Hintergrund der Familie eine Rolle spiele. «Das Verhalten der Eltern
und ihr Umgang mit der Lehrperson beeinflussen klar das spätere Verhalten des
Kindes.»
Dass
Eltern eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung von Pädagogen spielen, bestätigt
Thomas Richter, Geschäftsleiter des Schweizerischen Instituts für
Gewaltprävention. «Wenn die Eltern die Lehrperson der Kinder schlechtreden oder
ihr gegenüber sogar übergriffig werden, geben sie ihren Kindern kein gutes
Vorbild ab.» Die Kinder könnten dann sogar unbewusst die Meinung der Eltern
übernehmen.
Gemäss der repräsentativen Umfrage «Gewalt gegen Lehrkräfte» unter 1200 Schulleitern in Deutschland ist es in rund jeder zweiten Schule schon einmal zu Gewalt gekommen.
AntwortenLöschenDie Studie wurde im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) vom unabhängigen Forschungsinstitut Forsa durchgeführt. Die Ergebnisse, die im Februar 2018 veröffentlicht wurden, lassen sich ansatzweise auch auf die Schweiz übertragen, sagt Franziska Peterhans, Zentralsekretärin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH):
In 48 Prozent der Schulen kam es in den letzten fünf Jahren schon zu Beschimpfungen, Bedrohungen, Mobbing oder Belästigungen gegenüber dem Lehrpersonal.
Bei 20 Prozent der Schulen wurde über das Internet diffamiert, belästigt, bedrängt, bedroht oder genötigt.
In 26 Prozent der Schulen kam es gar zu einem körperlichen Angriff.
Quelle: 20 Minuten