17. Mai 2018

Isoliert mit einer Primarfremdsprache

Ist eine Fremdsprache genug auf der Primarstufe? Darüber entscheiden wir am 10. Juni an der Urne. In der aktuell geführten FremdsprachenDiskussion gibt es unterschiedliche Argumentationsweisen. Die einen sagen: «Je früher man mit Sprachenlernen beginnt, je besser erlernt man diese.» Die Gegenseite argumentiert: «Was man als Kind noch nicht gelernt hat, lernt man später um so schneller.» Beide Seiten versuchen, ihre Sichtweise mit unterschiedlichen Studien zu untermauern. Derzeit gibt es keine eindeutigen empirischen Belege, die eine Überforderung der Schülerinnen mit dem aktuell geltenden System mit zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe ausweisen. 
Baselland riskiert, isoliert zu werden, Basellandschaftliche Zeitung, 17.5. von Lukas Flüeler


Primarschulkinder werden mit zwei Fremdsprachen (und das ist auch meine Erfahrung) im Allgemeinen nicht überfordert. Es gibt aber, wie in allen andeI ren Schulfächern auch, überforderte Kinder. Wichtig dabei ist für mich als Lehrer, jene Kinder, die überfordert sind, richtig zu fördern, das heisst, einen förderorientierten Fremdsprachenunterricht zu machen. Der Unterricht in einer Klasse darf sich aber nicht einzig an den lernschwachen Schülerinnen und Schüler in einem Fach ausrichten. 

Auch werden wir Primarlehrpersonen immer wieder mit der Aussage konfrontiert, dass unsere Schülerinnen und Schüler nichts können, wenn sie in die Sekundarschule kommen. Dagegen wehren wir uns. Es sind die Erwartungen an das, was die Schülerinnen und Schüler denn heute nach der Umstellung auf Passepartout können, die falsch sind. Es gibt einiges, was unsere Schülerinnen und Schüler mit dem neuen Fremdsprachenkonzept inzwischen viel besser können als noch zu früheren Zeiten. Dazu gehört unter anderem das freie Sprechen und das Hörverstehen. Grammatik und Rechtschreibung hat zu Beginn des Fremdsprachenlernens an Bedeutung verloren und dies führt zu den falschen Erwartungen an das Können unserer Schülerinnen und Schüler. 

Es gibt berechtigte Kritik am Lehrmittel «Milles feuilles» und die angesprochenen Mängel gilt es nun umgehend zu beheben. Dies alles stellt für mich keinen Grund dar, um aus Harmos auszusteigen. Auch wenn ich gewisse Sympathien für das Argument haben, auf der Primarstufe mit nur einer Fremdsprache etwas mehr Zeit für andere Fächer zu erhalten. Mehr Zeit für andere Fächer können wir Lehrpersonen immer gebrauchen. Ein wirklicher Nachteil mit nur einer Fremdsprache entsteht für unsere Schülerinnen aus einem ganz anderen Grund. Es gilt in unserer immer mobileren Welt auch darauf zu achten, dass unseren Schülern alle Möglichkeiten für ihre Zukunft offenstehen. Der Kanton Baselland riskiert mit dem Abschaffen der zweiten Fremdsprache eine isolierte Position im deutschschweizerischen Bildungsraum. Die Baselbieter Schüler würden dadurch auch hinsichtlich ihrer Zukunftschancen massiv benachteiligt und die interkantonale Mobilität für Familien wäre nicht mehr im gleichen Masse gewährleistet. 

Als Co-Präsident der Primarlehrerkonferenz ist es mir zudem ein Anliegen, endlich wieder Ruhe in unser Bildungssystem zu bekommen. Zehn Jahre Reformen haben uns Lehrpersonen extrem gefordert und zeitweise belastet. Darum stimme ich am 10. Juni Nein zur Vorlage «Stopp der Überforderung von Schüler/-innen: Eine Fremdsprache auf der Primarstufe genügt».

1 Kommentar:

  1. "Es gibt einiges, was unsere Schülerinnen und Schüler mit dem neuen Fremdsprachenkonzept inzwischen viel besser können als noch zu früheren Zeiten. Dazu gehört unter anderem das freie Sprechen und das Hörverstehen."

    Wenn man den Wahrheitsgehalt dieser Aussage überprüfen wollte, müsste man die Kenntnisse der Schüler nach altem Lehrgang mit denjenigen mit neuem Lehrgang vergleichen. Solche Vergleiche hat man wohlwissend vermieden. Wenn man aber die Kenntnisse am Ende der Schulzeit anschaut, dann stellt man fest, dass die vielen Jahre Primarfremdsprachen sehr wenig gebracht haben.
    Ausserdem ist die Aussage "Früher ist besser" schlicht und einfach falsch. Es gibt keinen Hinweis, dass dies stimmen könnte.
    Schliesslich noch das Argument der Mobilität: Die bestehende Regelung sorgt ja auch nicht für Mobilität. Herr Flüeler ist offenbar zufrieden, wenn überall gleich schlecht gelernt wird. Da hat er dann seine Ruhe.

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