18. Januar 2014

Positive Signale zum Harmos-Austritt

Das Komitee "Starke Schule Baselland" prüft eine Initiative zum Ausstieg aus dem Harmos-Konkordat. Erste Reaktionen zeigen, dass das Anliegen auf Verständnis stösst. Auch für die SP-Grossrätin Kerstin Wenk wäre ein Austritt eine Option: "Die wichtigsten Eckpunkte, nämlich die einheitliche Einführung von Erstfremdsprachen und einheitliche Stundentafeln, wird es nicht geben". Das Komitee will in drei Wochen darüber informieren, ob eine oder mehrere Initiativen lanciert werden.




Späte Einsichten im Baselbiet, Bild: Keystone

Bildungspolitiker sympathisieren mit Harmos-Austritt, Basler Zeitung, 18.1. von Franziska Laur



Es ist der 30. November 2008 und der schwärzeste Tag im Leben des Aargauer Bildungsdirektors Rainer Huber (CVP). Er wird abgewählt. Wenig später zeigt das Aargauer Stimmvolk an der Urne auch Hubers Schulreform die Rote Karte. Sein Nachfolger, Alex Hürzeler (SVP), tritt mit einem neuen, kleineren Reformpaket an die Öffentlichkeit und verkündet, dass der Beitritt zu Harmos im Aargau vorderhand nicht behandelt wird.
Dennoch werden im Kanton Aargau schon dieses Jahr Harmos-konform sechs Primar- und drei Sekundarschuljahre eingeführt. Bereits umgesetzt sind zwei obligatorische Kindergartenjahre. Bezüglich Frühfremdsprachen jedoch fährt der Aargau sein eigenes Züglein und führt als Erster Englisch ein und nicht Französisch wie die anderen Nordwestschweizer Kantone.
Von einer solchen schlanken und reibungslosen Umsetzung von zwei Harmos-Pfeilern können die Lehrer in den beiden Basel nur träumen. Für sie ist aber die Reformhektik zum leidigen Alltag geworden. Viele haben genug: Die «Starke SchuleBaselland» prüft nun eine Initiative zum Ausstieg aus Harmos.
Schlechte Elemente weglassen
Er habe grosse Sympathien für diese Initiative, sagt Michael Herrmann (FDP), Mitglied der landrätlichen Bildungskommission. Er sei schon vor der Abstimmung dem Beitritt zum Harmos-Konkordat kritisch gegenübergestan-den – heute sehe er sich in dieser Haltung bestätigt: Die wesentlichen Eckpunkte von Harmos seien nicht erfüllt. «Das ist doch keine wirkliche Harmonisierung, wenn nicht einmal die Einführung der ersten Frühfremdsprache einheitlich geregelt ist», sagt er. Ausserdem zeige sich jetzt, dass das Projekt viel teurer werde als damals mit 50 Millionen Franken vorgestellt. Für Herrmann wäre ein Austritt aus Harmos durchaus eine Option. «Dann können wir diejenigen inhaltlichen Massnahmen von Harmos umsetzen, die sinnvoll sind und die schlechten weglassen.» Er habe allerdings noch nicht abschliessend entschieden, ob er die Initiative unter­stützen werde.
Auch Paul Wenger (SVP), Präsident der landrätlichen Bildungskommission, kann sich einen Austritt aus Harmos vorstellen, da dies sowieso in der ganzen Schweiz gescheitert sei. «Stellen Sie sich vor: Wenn eine Familie von Augst nach Kaiseraugst zügelt, sind ihre Kinder schon im Hintertreffen, weil sie in der Schule drei Jahre weniger Englisch­unterricht hatten.» Die Bürger hätten Harmos zugestimmt, weil ihnen gesagt wurde, dass man bei einem Umzug in einen anderen Kanton keine Probleme mit anderen Schulsystemen habe. Dieses Versprechen sei nicht eingelöst worden – und trotzdem koste Harmos viel Geld.
Die unterschiedliche Sprachenstaffelung in der deutschen Schweiz ist für BildungsdirektorUrs Wüthrich «ein Tolggen im Reinheft der Bildungsharmonisierung». «Selbstverständlich ist es unschön, dass in dieser Frage die Grenze zwischen Augst und Kaiseraugst verläuft.» Zur Initiative erklärt er lediglich, dass der Kanton Baselland in Sachen Bildungsharmonisierung «gut unterwegs» sei und daran festhalte.
«Mit Harmos sind wir zwar nicht zufrieden, doch dies ist der falsche Weg, um das Ganze zu stoppen», sagt die Basler Basta!-Grossrätin Heidi Mück. Doch für sie ist klar: «Wir müssen abspecken und uns aufs Wesentliche konzentrieren.» Die Lehrpersonen müssten wieder den Rücken freihaben, um sich auf ihr Kerngeschäft, das Unterrichten, zu konzentrieren. «Im Bildungswesen ist ein riesiger Kontrollwahn losgetreten worden», sagt sie. Und jetzt komme noch der Lehrplan 21; «ein unübersicht­liches, unanwendbares Gebilde». «Ich bedaure, dass der Kanton Basel-Stadt keine Kritik in die Vernehmlassung hat einfliessen lassen», sagt Mück.
Entscheid in drei Wochen
Für SP-Grossrätin Kerstin Wenk, Gewerkschaftsvertreterin im Bereich Bildung, wäre ein Austritt aus Harmos eine Option. «Das müsste man prüfen», sagt sie. Denn für sie ist Harmos gescheitert: «Die wichtigsten Eckpunkte, nämlich die einheitliche Einführung von Erstfremdsprachen und einheitliche Stundentafeln, wird es nicht geben.» Dafür habe man den «unsinnigen Lehrplan 21». «Diesen muss man überarbeiten, und das ganz massiv», sagt sie.
Saskia Olsson, Geschäftsführerin des Komitees «Starke Schule Baselland», teilte gestern mit, dass sie in drei Wochen darüber informieren werde, ob eine oder mehrere Initiativen für einen Baselbieter Harmos-Ausstieg lanciert werden. Sie habe vom Vorstand im ­November den Auftrag erhalten, die ­Erfolgswahrscheinlichkeit der Initiative zu prüfen und bei den Mitgliedern die Akzeptanz abzuklären.


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